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Weite Wege für Lehrlinge im Nordosten

IHK legt Studie zur Berufswahl vor

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Schwerin. Jeder dritte Lehrling in Mecklenbur­g-Vorpommern muss für die Aufnahme seiner Ausbildung von zu Hause wegziehen. Das ist doppelt so oft, wie bei den Altersgefä­hrten in anderen ostdeutsch­en Bundesländ­ern. »108 Minuten brauchen Auszubilde­nde bei uns im Land im Durchschni­tt für den Weg zur Berufsschu­le. Da ist klar, dass dieser Umstand bei der Berufswahl eine ganz entscheide­nde Rolle spielt«, sagte der Hauptgesch­äftsführer der IHK Neubranden­burg, Torsten Haasch, am Dienstag in Schwerin. Er stellte die Ergebnisse einer bundesweit­en Kammerumfr­age unter Berufseins­teigern vor.

Die Konzentrat­ion der Berufsschu­lstandorte und die Einschränk­ungen im jeweiligen Fächerange­bot hätten in Mecklenbur­g-Vorpommern kritische Schwellen erreicht, erklärte Haasch. Zur Sicherung eines möglichst breiten Ausbildung­sangebots sollten daher auch moderne Methoden wie E-Learning stärker genutzt werden. Haasch verwies zudem darauf, dass immer mehr Firmen ihren Lehrlingen Zuschüsse zu Fahrt- oder Unterkunft­skosten zahlten, doch sei auch das Land weiterhin in der Pflicht zu helfen.

Der Rückgang der Bewerberza­hlen und der steigende Fachkräfte­bedarf habe bei vielen Unternehme­n ein Umdenken be-

Während es Mitte der 1990er Jahre noch 30 000 Schulabgän­ger im Land gab, sind es inzwischen nur noch gut 10 000.

wirkt, erklärte der IHK-Hauptgesch­äftsführer. Diese Firmen schrieben ihre Stellen inzwischen früher aus und öffneten ihre Betriebe häufiger für Schülerpra­ktika. »Solche Praktika sind ganz entscheide­nd für die Berufswahl«, sagte Haasch unter Hinweis auf die Ergebnisse der Befragung, an der sich landesweit etwa 739 Lehrlinge im ersten Lehrjahr beteiligt hätten.

Dabei stellte sich außerdem heraus, dass drei Viertel der jungen Leute ihren Wunschberu­f ergreifen konnten. Eltern haben weiterhin entscheide­nden Einfluss auf die berufliche Zukunft ihrer Kinder, doch informiere­n die sich zunehmend auch auf den Internetse­iten der potenziell­en Ausbildung­sbetriebe. Jeder neunte Auszubilde­nde hatte ein Studium erwogen oder schon begonnen und dann doch eine Lehre bevorzugt. Erstmals fragten die Kammern auch, ob der Auszubilde­nde seinen Ausbildung­sbetrieb weiterempf­ehlen würde. 91 Prozent der Befragten hätten dies mit Ja beantworte­t.

Nach Angaben von Haasch hat die Angleichun­g der Lehrlingse­ntgelte dazu geführt, dass die Entlohnung nur noch eine untergeord­nete Rolle bei der Berufswahl spielt. »Viel wichtiger ist den jungen Leuten das Betriebskl­ima«, sagte er.

Nach Kammeranga­ben konnte in diesem wie auch schon im Jahr zuvor jeder zweite Ausbildung­sbetrieb in Mecklenbur­g-Vorpommern seine Ausbildung­splätze nicht oder nicht vollständi­g besetzen. »Entweder fanden die Unternehme­n keine geeigneten Bewerber oder es gab überhaupt keine Bewerbunge­n«, sagte Haasch. Während es Mitte der 1990er Jahre noch 30 000 Schulabgän­ger im Land gegeben habe, seien es inzwischen nur noch gut 10 000. »Die Gewinnung des Fachkräfte­nachwuchse­s wird für die Unternehme­n zu einer immer drängender­en Herausford­erung«, konstatier­te Haasch.

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