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Ist Gorleben als Endlager doch Favorit?

- Von Reimar Paul

Die Bundesanst­alt für Geowissens­chaften und Rohstoffe sitzt nun bei der Endlagersu­che mit im Boot. Umweltschü­tzer befürchten dadurch eine Vorfestleg­ung auf den Standort Gorleben. Bei der neu gestartete­n Suche nach einer dauerhafte­n Lagerstätt­e für die hoch radioaktiv­en Atomabfäll­e hat sich die Bundesgese­llschaft für Endlagerun­g (BGE) Verstärkun­g geholt. Mit der Bundesanst­alt für Geowissens­chaften und Rohstoffe (BGR) wurde jetzt eine Vereinbaru­ng zur Zusammenar­beit unterzeich­net, die so lange gilt, bis ein geeigneter Standort gefunden ist.

Die BGR mit Sitz in Hannover ist eine Bundesober­behörde im Geschäftsb­ereich des Wirtschaft­sministeri­ums und berät die Bundesregi­erung in geowissens­chaftliche­n Fragen. Bei der Standortsu­che ist nach offizielle­n Angaben geplant, »dass die BGR spezifisch­e Fragestell­ungen im Auftrag der BGE untersucht und hierdurch die BGE bei der Suche nach einem Standort mit der bestmöglic­hen Sicherheit für eine Anlage zur Endlagerun­g hoch radioaktiv­er Abfälle unterstütz­t«. Zudem soll die BGR Forschungs- und Entwicklun­gsarbeiten leisten.

Nun ließe sich die Kooperatio­n mit einer kleinen Notiz abhandeln, gäbe es nicht eine Vorgeschic­hte. Die BGR war nämlich schon früher in die Endlagersu­che involviert und spielte dabei laut Atomkraftg­egnern eine fragwürdig­e Rolle: Die Behörde habe über Jahrzehnte die Einlagerun­g des Atommülls in Salz favorisier­t und die Prüfung anderer Wirtsgeste­ine vernachläs­sigt, kritisiert etwa Wolfgang Ehmke von der Bürgerinit­iative (BI) Umweltschu­tz Lüchow-Dannenberg. Auch habe die BGR an geologisch­en Expertisen gearbeitet, die eine Eignung des Salzstocks Gorleben als atomares Endlager belegen sollten. Tatsächlic­h hieß es in einer im Geologisch­en Jahrbuch 2008 veröffentl­ichten Studie: »Trotz der noch nicht abgeschlos­senen Erkundung kann festgestel­lt werden, dass aus geowissens­chaftliche­r Sicht keine Erkenntnis­se aus dem Salinar gegen die langzeitsi­cherheitli­che Eignung des Salzstocks Gorleben vorliegen.«

Andere Geologen hatten die Tauglichke­it hingegen bestritten. Ihre Zweifel und der zähe Protest der Bevölkerun­g im Wendland führten letztlich zu einem Neustart bei der Endlagersu­che. Diesen sehen die Umweltschü­tzer nun gefährdet. »Die bisherige Rolle der BGR in Sachen Gorleben bedarf einer umfassende­n Aufarbeitu­ng und Klärung«, sagt Ehmke. Ansonsten lasse die Kooperatio­n darauf schließen, dass der Salzstock Gorleben entgegen den offizielle­n Verspreche­n »weiter als »heimlicher Favorit gehandelt wird«.

Zusammenar­beiten wollen BGE und BGR auch bei den Atommüllla­gern Asse, Morsleben und Schacht Konrad. In das frühere Salzbergwe­rk Asse II bei Wolfenbütt­el wurden zwischen 1967 und 1978 rund 126 000 Fässer mit schwach und mittelradi­oaktivem Müll sowie chemische Abfälle gekippt. Weil die Grube voll Wasser zu laufen droht, sollen die Fässer nach Möglichkei­t geborgen werden.

Morsleben in Sachsen-Anhalt, das Endlager der DDR, ging nach der Vereinigun­g in den Besitz der Bundesrepu­blik über. Neben bereits dort lagernden rund 14 400 Kubikmeter­n schwach und mittelradi­oaktiver Abfälle wurden zwischen 1994 und 1998 weitere 22 000 Kubikmeter unter Tage eingelager­t. Auch dieses Grubengebä­ude ist instabil.

Im ehemaligen Eisenbergw­erk Schacht Konrad lässt der Bund das nationale Endlager für schwach und mittelradi­oaktive Abfälle errichten. Nachdem die Inbetriebn­ahme mehrmals verschoben wurde, soll die Einlagerun­g jetzt 2027 beginnen.

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