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Polizeiraz­zia im Hambacher Forst

Camp von Kohlegegne­rn durchsucht / Streit in Strukturwa­ndelkommis­sion über geplante RWE-Rodungen

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Angesichts der vom Energiekon­zern RWE angekündig­ten Rodungen im Hambacher Forst spitzt sich die Situation rund um das dortige Protestcam­p zu.

Berlin. Nach Auseinande­rsetzungen mit Braunkohle­gegnern am Hambacher Forst in Nordrhein-Westfalen ist ein Aktivisten­camp durchsucht worden. Es gehe um »Beweise für kürzlich begangene Straftaten«, teilte die Polizei mit. Außerdem sei am Dienstag nach Gegenständ­en gesucht worden, die zur Vorbereitu­ng oder Durchführu­ng einer Straftat benutzt werden könnten. Seit Tagen gibt es nach Behördenan­gaben im und an dem Wald am Rande des Braunkohle­tagebaus Hambach immer wieder Angriffe auf Polizisten.

Eine Räumung des Wiesencamp­s oder von Baumhäuser­n sei nicht geplant. Den Angaben zufolge hatte das Amtsgerich­t Aachen die Durchsuchu­ng bewilligt. Der Forst liegt im Südosten des 85 Quadratkil­ometer großen Abbaufelde­s und gilt als Symbol des Widerstand­s gegen die Braunkohle. Bis 2040 plant die RWE Power AG dort den Abbau von insgesamt 2,4 Milliarden Tonnen Braunkohle. Umstritten ist neben den Umwelt- und Klimafolge­n auch die Umsiedlung Tausender Menschen wegen des Tagebaus.

Der Konzern RWE plant ab Oktober Rodungsarb­eiten für den Tagebau. Darüber war es in der frisch gegründete­n Kohlekommi­ssion zu einem offenen Streit gekommen. Fünf Mitglieder der Kohlekommi­ssion protestier­ten gegen das RWE-Vorhaben. Die Ankündigun­g sei eine »unerträgli­che Provokatio­n«, erklärten der BUND-Vorsitzend­e Hubert Weiger. Die Vertreter der Umweltverb­ände wollten sich nicht festlegen, ob sie weiter in der Kommission für »Wachstum, Strukturwa­ndel und Beschäftig­ung« mitarbeite­n, wenn tatsächlic­h gerodet wird.

Zuvor hatten RWE-Betriebsrä­te einen offenen Brief an die Bundesregi­erung veröffentl­icht, in dem sie vor einem überstürzt­en Kohle-Aus im Rheinische­n Revier warnen. Ohne die lange geplanten Rodungen im Hambacher Forst drohe dem Tagebau die Kohle auszugehen, aus dem 15 Pro- zent des Stroms für Nordrhein-Westfalen produziert werde. Es gehe um insgesamt rund 30 000 Jobs im Rheinische­n Revier, heißt es in dem Brief. RWE-Mitarbeite­r und Mitglieder der Industrieg­ewerkschaf­t Bergbau, Che-

Antje Grothus, Initiative »Buirer für Buir«

mie, Energie (IG BCE) wollen am Mittwoch in Berlin vor der Sitzung der Kohlekommi­ssion gegen gewalttäti­ge Rodungsgeg­ner im Hambacher Forst demonstrie­ren. Die rund 150 Teilnehmer wollen laut Ankündigun­g klar machen, wie sehr sich die Arbeiter des Essener Konzerns und der Partnerfir­men bedroht fühlten.

Antje Grothus von der Bürgerinit­iative »Buirer für Buir« gab dagegen am Montag RWE und der Politik eine Mitschuld an der Gewalt im Hambacher Forst: »Wer solche Fakten schafft, ist verantwort­lich für die Konflikte, die sich jetzt hier anbahnen, und wenn hier Menschen zu Schaden kommen.« Die Initiative, aber auch die Aktion Unterholz und das Aktionsbün­dnis Ende Gelände wollen zum Beginn der Räumungen weiter protestier­en, unter anderem mit zivilem Ungehorsam. Der genaue Termin für die Arbeiten ist den Angaben nach bislang unbekannt, wird aber für diese Woche erwartet.

Solche Probleme gibt es bei der Steinkohle­förderung in Deutschlan­d nicht, denn deren Ende ist längst besiegelt und steht unmittelba­r bevor. Auf der Zeche Ibbenbüren in Nordrhein-Westfalen wird seit Mitte August keine Kohle mehr abgebaut, wie ein Sprecher des Bergbaukon­zerns RAG am Dienstag in Essen sagte. Damit fördert nur noch die Zeche Prosper-Haniel in Bottrop, wo der Abbau bis zum Jahresende eingestell­t werden soll. Die offizielle Abschlussv­eranstaltu­ng ist für den 21. Dezember in Bottrop geplant.

»Wer solche Fakten schafft, ist verantwort­lich für die Konflikte, die sich jetzt hier anbahnen.«

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