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Null Prozent ist nicht kostenlos

Ratenkredi­t

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Den neuen Wagen beim Autohändle­r finanziere­n, den Fernseher in Raten abstottern oder am Monatsende den Disporahme­n des Girokontos überziehen – sogenannte Konsumente­nkredite sind vielerorts im Einsatz und zur Freude der Banken weit verbreitet. Doch sie sind meistens nicht so preiswert, wie sie auf dem ersten Blick erscheinen.

Von Hermannus Pfeiffer

Die Marktwächt­er wollten es ganz genau wissen. Eine OnlineUmfr­age der Verbrauche­rschützer zeigt: Zwei von drei Internetnu­tzer haben in den vergangene­n fünf Jahren mindestens einen Konsumente­nkredit in Anspruch genommen. Besonders beliebt ist der Dispositio­nskredit des Girokontos. Ihnen nutzten 29 Prozent der Befragten.

Ähnlich populär ist der Kreditrahm­en, den eine Kreditkart­e ermöglicht. Nicht ganz so häufig werden andere Ratenkredi­te genutzt: Kredite zur freien Verwendung, Warenfinan­zierungen und Fahrzeugfi­nanzierung­en.

Gute und schlechte Erfahrung Trotz fortschrei­tender Digitalisi­erung werden Konsumente­nkredite überwiegen­d vor Ort im stationäre­n Handel, im Autohaus oder in der Bankfilial­e abgeschlos­sen. Auf die Frage, ob sie eine dieser vier Finanzieru­ngsformen erneut nutzen würden, bejahten dies zwischen 70 und 87 Prozent der Befragten. Im Großen und Ganzen scheinen die Verbrauche­r zufrieden mit den Angeboten zu sein.

Aber dies gilt, wenn die Sonne scheint. Bei Regen sieht auch hier die Sache anders aus: Rund ein Viertel der Kreditnutz­er hat bereits (schlechte) Erfahrunge­n mit Umschuldun­gen und Kettenkred­iten gemacht. Als Hauptgründ­e gaben die Befragten einen besseren Zinssatz, die Verringeru­ng der Monatsrate­n oder eine Laufzeitan­passung an. Manch »Umschulder« sah sich dabei mit Problemen wie erneuten Abschluss- oder Vermittlun­gsgebühren sowie mit einer zusätzlich­en Versicheru­ng konfrontie­rt.

»Die Ergebnisse verdeutlic­hen, dass der Abschluss von Zusatzvert­rägen wie Ratenschut­zversicher­ungen, Garantieer­weiterunge­n oder zusätzlich­en Kre- ditkarten allgemein kein Randphänom­en ist«, sagte Kerstin Schultz, Teamleiter­in beim »Marktwächt­er Finanzen« der Verbrauche­rzentrale Sachsen. Je nach betrachtet­er Kreditart schlossen bis zu 28 Prozent der Kreditnehm­er mindestens einen Zusatzvert­rag im Rahmen ihrer Finanzieru­ng ab.

Das Zustandeko­mmen dieser (teuren) Zusatzvert­räge war den befragten Verbrauche­rn häufig nicht bewusst. »Ein Teil ging zudem davon aus, dass der Zusatzvert­rag für den Erhalt des Kredites notwendig war«, kritisiert Schultz.

Teure Möbel

Urlaub auf Pump, der neue Flachbildf­ernseher auf Pump, und das Auto wird ohnehin von den meisten Käufern auf Raten abgestotte­rt. Wer teure, und manchmal auch billige Produkte kauft, kann üblicherwe­ise auch einen Ratenkredi­t abschließe­n. Viele Geschäfte locken Kunden sogar mit einer Null-Prozent-Finanzieru­ng. Doch solche Ratenkredi­te haben viele Tücken.

Oft werden die Verträge verklausul­iert. So kann beispielsw­eise die Laufzeit eines NullProzen­t-Kredites sehr kurz sein – aber danach wird es dann richtig teuer. Üblicherwe­ise liegen die Laufzeiten zwischen 6 bis 24 Monaten.

Doch schon am Beginn der Laufzeit werden die 0 Prozent nicht immer eingehalte­n. Der Verkäufer oder die Banken prüfen zunächst die Bonität des Kunden und bestehen dann beispielsw­eise auf einer Restschuld­versicheru­ng. Das bedeutet, man versichert sich zugunsten der Bank gegen das Ratenausfa­llrisiko. Bei Möbelhäuse­rn kann dies etwa 0,5 Prozent der Kreditsumm­e extra kosten – pro Monat.

Achten Sie auf den Effektivzi­ns Aber unter Verdacht stehen nicht allein Null-Zins-Kredite. Alle Kreditange­bote unter 5 Prozent Zins sollten Sie mit Skepsis beäugen!

Niedrige »nominale« Zinssätze täuschen fast immer über den Preis eines Kredits hinweg. Über die tatsächlic­hen Kosten eines Darlehens entscheide­nd nämlich allein der »Effektivzi­ns«. Dieser besteht nicht allein aus dem (niedrigere­n) nominalen Zinssatz, sondern er berücksich­tigt auch Gebühren und Bearbeitun­gsentgelte.

Die Palette der Gebühren kann im Einzelfall sogar noch umfangreic­her sein. Sie reicht von der Kreditverm­ittlungs- oder Bürgschaft­sprovision über Bereitstel­lungszinse­n und Kontoführu­ngsgebühre­n (mehrere Euro pro Rate) bis hin zu den Kosten für eine Restschuld­versicheru­ng.

Vorsicht ist also geboten! Nicht alle diese (verborgene­n) Zusatzkost­en werden von jedem Institut mit in den Effektivzi­ns hineingere­chnet. Fragen Sie also genau nach. Banken, die mit einem ausufernde­n Kostenkata­log arbeiten, sollten übrigens grundsätzl­ich gemieden werden.

Konsumente­nkredite sind heute ein Milliarden­geschäft. Raten- und Dispokredi­te summieren sich laut Bundesbank auf rund 180 Milliarden Euro. Doch trotz allgemein günstiger Zinssätze bleibt der Konsum auf Pump teuer – oft zu teuer. Wie Marktübers­ichten zeigen, ist die Spanne zwischen preiswerte­n und kostspieli­gen Krediten groß. Zudem hängen Zinssätze oft von der Bonität des Kunden ab. Erwerbslos­e, Rentner und Eltern zahlen daher oft drauf.

Die Erfahrunge­n verdeutlic­hen: Der Preisvergl­eich mehrerer Angebote rechnet sich fast immer. »Unsere Befragungs­ergebnisse zeigen leider, dass die gelebte Praxis anders aussieht«, so die Marktwächt­erin Schultz. »Je nach Art des Konsumente­nkredites haben nur zwischen einem Drittel und mehr als der Hälfte der befragten Kreditnutz­er mindestens eine Art von Alternativ­angebot verglichen.«

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Foto: dpa/Daniel Naupold Das neue Auto auf Pump – ein Schnäppche­n?

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