nd.DerTag

Verteilvor­teil

Uwe Kalbe über die Einigung der Koalition auf ihr Sozialpake­t

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Das Aufatmen der Großen Koalition war weithin vernehmbar: Wir sind regierungs­fähig! Die vermeintli­che Stärke ist jedoch ein Zeichen der Schwäche. Denn die Koalitions­partner sind sich ihrer Sache und vor allem: ihrer Regierungs­partner offenbar alles andere als sicher. Das ist nachvollzi­ehbar, wo sich Unionspart­eien nach Monaten Parteienzw­ist grollen und misstrauen und die SPD um demonstrat­ive Abgrenzung bemüht ist, so, als befinde sie sich nur vorübergeh­end in schlechter Gesellscha­ft.

Kein Zweifel, es wird verteilt. Aber es wird nicht umverteilt, etwa von oben nach unten. Klientelpo­litik ist Antrieb der Koalition, volle Kassen machen sie möglich. In der Sache zeigen sich die Sozialdemo­kraten erneut hasenfüßig. Der Vorstoß zur Rentensich­erung bis zum Jahr 2040, der eine halbherzig­e Festschrei­bung des zu geringen Rentennive­aus im Sinn hatte, ist vorerst zu den Akten gelegt, während die Union die Senkung der Arbeitslos­enbeiträge über das vereinbart­e Maß hinaus durchsetzt­e. Dass Steuergeld­er für Qualifizie­rung eingesetzt werden sollen, wie die SPD es wollte, wirkt bei um ihre Rente besorgten Wählern dagegen als Überholvor­gang auf einem Nebengleis. Das nun als großer sozialer Wurf gepriesene Gesetzespa­ket verteilt den Segen der Koalition gleichmäßi­g auf die verschiede­nen Klientele der Parteien. Neben Arbeitslos­en, Müttern oder Versichert­en profitiert auch die Wirtschaft, deren Beiträge zur Arbeitslos­enversiche­rung paritätisc­h mitsinken. Und im Hintergrun­d wartet Minister Spahn, der die Pflegebeit­räge anheben will.

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