Mit Pilzen, Milben und Bakterien im Bett
Mikrobiologe empfiehlt Wäschewechsel mindestens einmal pro Woche – auch Tastaturen und Smartphones sollten desinfiziert werden
Mehr als ein Drittel seines Lebens verbringt der Mensch im Bett. Doch die Ruhestätte kann sich schnell in ein ideales Biotop für Bakterien und Pilze verwandeln. Heiße Sommernächte, hohe Luftfeuchtigkeit in Schlafräumen, unruhige Nächte – in den Tagen des Sommers 2018 schwitzen die Menschen in den Ländern Europas besonders stark. Was passiert eigentlich auf unseren Ruhestätten, mit welchen Mitbewohnern teilen wir auch bei Normaltemperaturen unsere Kissen?
Für solche Fragen interessierte sich der US-amerikanische Mikrobiologe Philip M. Tierno. Der Direktor des Instituts für Klinische Mikrobiologie der New York University untersuchte mit anderen Forschern eine Vielzahl von synthetischen und Federkissen sowie Bettbezüge und kam zu einem unappetitlichen Ergebnis: Bereits nach eineinhalb Jahren Gebrauch kann sich ein Bettkissen in ein Biotop für 17 Pilzkulturen verwandeln, Mil- ben und Bakterien noch nicht eingerechnet. Tiernos Fazit: Hygiene im Bett kann vor Krankheiten schützen.
Den Berechnungen der Studie zufolge verliert ein Mensch jährlich 83 Liter Schweiß im Bett. Zusammen mit anderen Körperflüssigkeiten und -sekreten, Hautschuppen und Haaren bildet das ganze bei körperwarmen Temperaturen ein ideales Umfeld für das Anwachsen von Pilzkulturen und Bakterienstämmen. Darüber hinaus sammeln sich noch weitere »Gäste« im Bett an. Staubpartikel, Pollen, Mikroben aus der Umwelt, Tierschuppen, Hausmilben tummeln sich in der Bettwäsche und können zu einem hochallergenen Gemisch werden, das – so Tierno – bereits nach einer Woche wirksam werden sowie Husten- und Niesreiz hervorrufen kann. Bereits nach nur sieben Tagen dringe das Pilz- und Mikrobengemisch aus der Bettwäsche in die Matratzen ein und vermehre sich dort weiter.
»Selbst wenn Sie bislang keine Allergien hatten, erhöht sich beim Schlafen in solch einem Milieu Ihre allergene Bereitschaft«, so Tierno. Insbesondere asthmatische Reaktionen werden durch den Kontakt mit dem Mikrobengemisch bevorzugt ausgelöst. Bedenkt man, dass den aktuellen Statistiken zufolge jeder sechste US-Bürger unter Allergien leidet, sind die Warnungen des Mikrobiologischen Instituts in New York nicht unbegründet. Philip Tierno schreckt dabei nicht vor drastischen Vergleichen zurück: »Wenn Sie einen Hundehaufen mit der Hand berühren, haben Sie das dringende Bedürfnis, sich zu waschen. Das, was sich in Ihrem Bett abspielt, ist mikrobiologisch etwa vergleichbar und man stellt sich die Frage: Möchte man wirklich in diesem Sud schlafen?« Die Folgeempfehlung ist einfach und deutlich: Mindestens alle acht Tage sollte man sein Bettzeug wechseln und das gebrauchte mit mindestens 60 Grad waschen – dies allein hilft, die Mikroben abzutöten und ein hygienisches Schlafen zu ermöglichen.
Das mikrobiologische Institut, dem Philip Tierno vorsteht, untersucht jedoch nicht nur Bettwäsche und Kü- chenhandtücher. Auch andere Dinge, mit denen wir im Alltag unentwegt zu tun haben, können sich als wahre Keimschleudern erweisen, wie Datenauswertungen der US-amerikanischen Wissenschaftler zeigen. In seiner bereits erwähnten deutlichen Form erklärt Tierno: »Eine Computertastatur kann keimiger sein als ein Toilettensitz.« Belegt mit Daten heißt dies: Auf einem normal gereinigten WC-Sitz finden sich etwa 50 Bakterien je Quadratzentimeter. Auf einer Tastatur fanden australische Mikrobiologen die 400-fache Anzahl. Untersuchungen im Chicago Hospital wiesen multiresistente Keime (sogenannte MRSA) noch 24 Stunden nach der letzten Benutzung eines Rechners nach, darunter Krankheitserreger wie Staphylokokken und Streptokokken. Vor allem Tastaturen von Geräten, an denen mehrere Personen ständig arbeiten, waren selbst in hochsensiblen Klinikräumen nicht steril. Das Nationale Zentrum für Gesundheitsforschung empfiehlt daher die tägliche Desinfektion der Geräte – eine Empfehlung, die, so internati- onale Untersuchungen, jedoch nur selten eingehalten wird.
Auch alltägliche Gegenstände wie Mobiltelefone können sich als wahre Keimträger erweisen. »Smartphones haben sich als eine neue Art von Krankheitsüberträgern erwiesen«, erklärt Philip Tierno. Die mobilen Geräte begleiten uns überall hin, zu Tisch, ins Bad, ins Freie oder zu Bett, als wären es Verlängerungen unserer Hände. Hin und wieder fallen sie jedoch auf mit Bakterien besiedelten Boden. Der Besitzer nimmt sein Telefon wieder auf, nicht darauf achtend, dass nun Bakterien wie Escherichia coli oder Streptokokken an seine Hände und schließlich an Nahrungsmittel geraten – und somit letztendlich in unseren Stoffwechsel. Die Folge können eigentlich verhinderbare Krankheiten sein. Die Schlussfolgerung des New Yorker Mikrobiologen und Hygienikers Tierno ist jedenfalls klar: Schützen kann man sich vor diesen Leiden nur, wenn man auch sein Mobiltelefon einer regelmäßigen Desinfizierung und Reinigung unterzieht.