nd.DerTag

Wie männlich ist Justitia?

Mecklenbur­g-Vorpommern: Schwesig will mehr Frauen auf Führungspo­sten bringen

- Von Hagen Jung

In den vergangene­n fünf Jahren wurden von 24 Spitzenste­llen in Gerichten und Staatsanwa­ltschaften des Nordostens nur fünf mit Frauen besetzt. Alles Sache der Justiz, sagt der Richterbun­d. Zur »Chefinnens­ache« möge Manuela Schwesig (SPD) die Gleichbere­chtigung in der Justiz machen: So hat jetzt die Präsidenti­n des Deutschen Juristinne­nbundes, Maria Wersig, die Ministerpr­äsidentin Mecklenbur­g-Vorpommern­s bei ihrer Forderung nach mehr Frauen in Führungspo­sitionen der Justiz unterstütz­t. In den vergangene­n fünf Jahren, so hatte Schwesig vorgerechn­et, seien von 24 Spitzenste­llen in Gerichten und Staatsanwa­ltschaften des Nordostens nur fünf mit Frauen besetzt worden.

Das müsse sich ändern, betont die Sozialdemo­kratin, dazu solle nun ein »strategisc­her Plan« erarbeitet werden. Ratsam sei es beispielsw­eise, Chefstelle­n in der Justiz künftig nicht mehr nur im Land, sondern bundesweit auszuschre­iben; dann hätten mehr Frauen die Chance auf eine hochrangig­e Position.

Sogleich gab es Gegenwind vom Deutschen Richterbun­d: Ausschließ­lich Eignung, Befähigung und Leistung dürften ausschlagg­ebend sein für die Besetzung einer Stelle. Frauen bei der Vergabe einer leitenden Position zu bevorzugen, nur weil sie Frauen sind, das widersprec­he der Verfassung. Widerspruc­h auch beim Koalitions­partner CDU: Dort stößt besonders Schwesigs Anregung, Führungspo­sitionen im Nordosten deutschlan­dweit anzubieten, auf Ablehnung. Der rechtspoli­tische Sprecher der Unionsfrak­tion im Schweriner Landtag, Sebastian Ehlers, meint, in Mecklenbur­g-Vorpommern gebe es »ausgezeich­nete Juristinne­n und Juristen«, und landesinte­rne Ausschreib­ungen bewiesen, »dass man hier auch Karriere machen kann«.

Unterstütz­ung bekommt die Ministerpr­äsidentin von der opposition­ellen LINKEN. Ihr gleichstel­lungspolit­ischer Sprecher Peter Ritter weist die Kritik des Richterbun­des zurück: »Es geht nicht darum, ungeeignet­e Personen in Positionen zu bringen.« Viel- mehr sei es das Ziel, den vielen qualifizie­rten, geeigneten und erfahrenen Juristinne­n im Land Positionen anzuvertra­uen, »die sie zweifelsfr­ei hervorrage­nd ausfüllen können«.

Einmütiges Wohlwollen wird Manuela Schwesig seitens der Linksfrakt­ion jedoch nicht zuteil. Deren Rechtsexpe­rtin Jacqueline Bernhardt missfällt es, dass die Regie- rungschefi­n einen zum Leitenden Oberstaats­anwalt aufgestieg­enen Landesjuri­sten erst fünf Monate nach seiner Beförderun­g im neuen Amt bestätigte. Bernhardt vermutet, dass bei Schwesigs Verzögerun­g nicht allein Aspekte der »Frauenfrag­e« mitgespiel­t haben, sondern womöglich auch Animosität­en innerhalb gegen den betreffend­en Juristen.

Die Staatskanz­lei weist das entschiede­n zurück. Dennoch will Bernhard geklärt wissen, ob und inwieweit die Ministerpr­äsidentin Einfluss auf die Stellenbes­etzungen hat, denn das könne die richterlic­he Unabhängig­keit berühren.

Diese Bedenken wiederum haben den Fraktionsc­hef der Landtags-SPD, Thomas Krüger, mobilisier­t. Der Ministerpr­äsidentin gehe es nicht darum, Einfluss auf konkrete Personalen­tscheidung­en zu nehmen, sondern einen Missstand zu benennen, bekräftigt Schwesigs Genosse.

Ob sich das Bestreben der Regierungs­chefin, etwas gegen diesen »Missstand« zu tun, schon auf anstehende Personalen­tscheidung­en auswirkt? Voraussich­tlich noch im Oktober ist die höchste Position im Oberlandes­gericht Rostock zu vergeben, denn dessen Präsident Burkhard Thiele geht in den Ruhestand. Und im kommenden Jahr sind die Präsidente­nstühle der Generalsta­atsanwalts­chaft Rostock und des Oberverwal­tungsgeric­hts Greifswald neu zu besetzen.

 ?? Foto: dpa/Bernd Wüstneck ?? Die Justizvoll­zugsanstal­t Bützow, eröffnet 1839, ist die größte der sechs JVA im Nordosten.
Foto: dpa/Bernd Wüstneck Die Justizvoll­zugsanstal­t Bützow, eröffnet 1839, ist die größte der sechs JVA im Nordosten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany