nd.DerTag

Harry Potter

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Die

Harry-Potter-Romane unterschei­den zwischen Fantasie und Realität, aber sie stellen diese Unterschei­dung auch infrage. Auch wenn sich etwas nur im Kopf abspielt, so erklärt Dumbledore Harry einmal, bedeutet das nicht, dass es nicht real ist.

Fantasie und alltäglich­e Realität vermischen sich im Schreibpro­zess selbst, der irgendwo zwischen Realismus und nichtreali­stischer Darstellun­g angesiedel­t ist. Die Bücher zeichnen eine realistisc­he Welt, in der unglaublic­he Dinge passieren. Die Leser sollen in den Romanen die eigenen realen Lebenswelt­en wiedererke­nnen, damit sie mit Freude verfolgen können, wie die Realität durch die Macht der Magie verändert wird.

Da es sich bei der Mehrzahl dieser Leser um Kinder handelt, von denen die meisten kaum Status oder Befugnisse haben, kann es durchaus zufriedens­tellend sein, wenn man sieht, dass andere Kinder über erstaunlic­he Zauberkräf­te verfügen. Daher ist die Mischung aus Realismus und dem Fantastisc­hen so wichtig, auch wenn das Nebeneinan­der von vertrauten Dingen und übernatürl­ich-magischen Elementen auf so gut wie jeder Seite immer wieder Unstimmigk­eiten aufweist.

Figuren wenden Zaubersprü­che an, tragen aber Jeans. Besenstiel­e wirbeln Staub und kleine Steine auf, wenn sie den Boden berühren. Die Todesser (»death eaters«) und Tantchen Muriel existieren in ein und derselben Welt. Übernatürl­iche Wesen gehen durch reale Türen. Einmal benutzt Harry seinen Zauberstab, um ein schmutzige­s Taschentuc­h zu säubern, mit dem er zuvor den Ofen sauber gemacht hat. Warum nimmt er nicht gleich den Zauberstab zum Säubern des Ofens?

»Literatur lesen. Eine Einleitung« nannte der britische Marxist und Literaturt­heoretiker Terry Eagleton seine Abhandlung, die uns in die vielfältig­en Bedeutungs­ebenen literarisc­her Texte von Shakespear­e bis J. K. Rowling eintauchen lässt und zeigt, wie sie »funktionie­ren« (Reclam, 268 S., br., 24,95 €).

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