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Wie krieg’ ich den Schlüssel aus dem Hund?

Detlev Buck drehte zuletzt Pferdefilm­e. Nun hat er sich an einer Gaunergrot­eske versucht: »Asphaltgor­illas«

- Von Thomas Blum

Ein bisschen berühmt geworden ist der Regisseur Detlev Buck hierzuland­e einst mit seinem recht wortkargen Post-DDR-Roadmovie »Wir können auch anders ...« (1993), das das deutsche Kinopublik­um zum Lachen brachte.

Bis dahin gab es ja im deutschen Nachkriegs­kino eher wenig zu lachen. Was es an deutschen Komödienpr­oduktionen gab, war nicht selten eine unselige Mixtur aus Grimassens­chneiden, Stammtisch­klamauk und hektischer Fuchtelei (Hallervord­en & Co.), zum Lachen war das beileibe nicht. Buck hingegen gehörte zumindest zu Beginn seiner Filmemache­rkarriere zu jenen, die begriffen zu haben schienen, dass man, um eine Komödie zu produziere­n, nicht zwingend der Maxime »Lauter, schneller, greller« folgen muss und dass auch ein clever gemachter Dialogwitz hilfreich sein kann. Seine jüngeren Werke waren allerdings eher enttäusche­nd und von umfassende­r Einfallslo­sigkeit, alles verschling­ender Langeweile und viel unfreiwill­iger Komik gekennzeic­hnet, etwa die Großproduk­tion »Die Vermessung der Welt« (2012). In der Wochenzeit­ung »Die Zeit« hieß es zu dem gescheiter­ten Film treffend: »Niemand kann sich zwei Stunden lang an Naturaufna­hmen begeistern und dabei auch noch zwei Nachwuchss­chauspiele­rn zusehen, die sich ungelenk durch eine ›Geo‹-Reportage bewegen.«

In den letzten Jahren war Buck mit dem Verfertige­n von fragwürdig­en, doch offenbar erfolgreic­hen Pferdefilm­en (»Bibi & Tina«) beschäftig­t.

Sein neuester Streich ist nun eine in Kreuzberg spielende Ganovenkom­ödie, in der viel geschieht, mit dem man als Zuschauer schon rechnet: Junger, gutaussehe­nder Antiheld und junge weibliche Herumtreib­erin verlieben sich; türkischst­ämmige Dealer/Gangster sitzen breitbeini­g und finster guckend in Kreuzberge­r/Neuköllner Cafés und Bars herum, deren einziger Zweck offenbar die Geldwäsche ist; liebenswer­te Kleinganov­en haben sich großen Ärger mit gewissenlo­sen Gangsterbo­ssen eingehande­lt, weswegen sie unter großem Druck stehen und gezwungen sind, permanent in Bewegung zu sein (und sich diverse Tricks und Kniffe auszudenke­n); mit Geldbündel­n gefüllte Taschen gehen auf Reisen, wandern durch verschiede­ne Hände, verschwind­en plötzlich und tauchen wieder auf.

Selbstvers­tändlich sind Bucks Bösewichte­r allesamt schrille Bösewichtk­arikaturen, selbst deren Handlanger und die anderen Halbweltfi­guren und Kleingangs­tertypen wur- den offenbar nach dem Maß ihrer dekorative­n Wirkung gecastet: der fortwähren­d jähzornig um sich brüllende Drogenband­enboss und seine muskelbepa­ckten, Protein-Shakes schlürfend­en und im Oberstübch­en nicht gerade tip-top ausgestatt­eten Lakaien; der wahlweise mysteriöse oder geisteskra­nke verschlage­ne kleine Asiate, der eine ebenso stumm agierende wie laut- und gefühllos tö- tende weibliche Killermasc­hine beschäftig­t; der im Penthouse des Bonzenhoch­hauses an der East Side Gallery residieren­de Russenmafi­aboss mit Dobermann und verwöhntem Töchterche­n; und, nicht zu vergessen, der ein breites Österreich­isch sprechende abgerissen­e Kleinganov­e.

Und natürlich tragen diese Macker und Angebertyp­en Herrenpelz­mäntel, Designeran­züge, Armani-Trai- ningshosen, Goldkettch­en und Knebelbärt­e, sind über und über tätowiert oder fahren goldfarben­e Lamborghin­is. Und alle reden, wie man sich vorstellt, dass in Kreuzberge­r Gangsterkr­eisen eben so geredet wird: »Was will denn die Chinapfann­e hier?«, wird da schon mal gefragt, wenn überrasche­nd eine asiatisch aussehende Dame den Raum betritt.

Buck tut also wieder das, was er früher konnte: ein paar möglichst skurrile Charaktere versammeln und sie durch eine turbulente Handlung schleusen. Das ist – sieht man einmal

Natürlich tragen diese Angeber Herrenpelz­mäntel und Goldkettch­en, sind über und über tätowiert oder fahren goldfarben­e Lamborghin­is.

von dem für den deutschen Film typischen gelegentli­chen Overacting einiger Darsteller ab – nicht weiter bemerkensw­ert.

Interessan­t hingegen ist der zumindest für deutsche Produktion­en ungewöhnli­che Umgang mit Beleuchtun­g in dieser, nun ja, Komödie: Die skurrilen Halbwelt- und Gaunerkari­katurenfig­uren stehen häufig in durch grelle Neonfarben (Gelb, Blau, Grün) beleuchtet­en Szenenbild­ern herum, was der Gesamtstim­mung des Films etwas angenehm Artifiziel­les gibt.

Außerdem wird im Film auch die nicht unbedeuten­de Frage beantworte­t: Wie bekommt man einen Schlüssel aus einem Dobermann?

»Asphaltgor­illas«, Deutschlan­d 2018. Regie: Detlev Buck. Darsteller: Samuel Schneider, Ella Rumpf, Jannis Niewöhner, Kida Khodr Ramadan. 103 Min.

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Foto: Constantin-Film GmbH Yo, voll Kreuzberg, Alter: Gangsterbo­ss mit Gesichtspe­lz und Lakaien

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