Nordhäuser schlägt Jägermeister
Ostdeutsche Konsumenten achten beim Einkauf auf Herkunft, aber weniger auf Siegel
Verbrauchern im Osten sind regionale Produkte oft sympathischer als national bekannte Marken. Das ergab eine Studie, die auch zeigt: Auf »Bio« legen die Konsumenten in der Region weniger Wert. Der Echte Nordhäuser hat die Nase vorn. 16 Prozent der Verbraucher in den Bundesländern Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt kennen den Klaren – der damit in der Region bekannter ist als Jägermeister. Dieser Kräuterlikör ist bundesweit die Spirituose mit der größten Bekanntheit. Nordhäuser und der in Ostdeutschland ebenfalls populäre Wilthener Gebirgskräuter schaffen es bundesweit freilich nicht unter die zehn am meisten genannten Alkoholika.
Diese Erkenntnisse entstammen einer Markenstudie, die der MDR seit Jahren vorlegt und deren aktuelle Ausgabe zeigt, dass es im Einkaufsverhalten in Osten auch 28 Jahre nach der Vereinigung Unterschiede gibt. So achten Verbraucher in den drei OstBundesländern stärker auf die regionale Herkunft der Produkte – 53 Prozent der 1500 Befragten betonten das Kriterium; von den 1660 im »Rest« der Republik befragten waren es nur 47 Prozent. Siegel für fairen Handel und eine ökologische Erzeugung der Lebensmittel spielen im Osten eine geringere Rolle: Auf Bio-Siegel achten 23 Prozent der Ost-Konsumenten und 30 Prozent bundesweit. Wichtigste Kriterien für einen Einkauf sind Geschmack, Rabatte im Markt sowie der Preis; in diesen Punkten unterscheidet sich das Kaufverhalten in Ost und West nur geringfügig.
Bei der online durchgeführten Befragung wurde nach rund 70 Marken aus Produktgruppen wie Bier, Wurst, Wasser und Molkerei- oder Schokoprodukte gefragt; deren Bekanntheit wurde jeweils mit einer bundesweit bekannten Marke verglichen. Bei Bier war Radeberger in allen drei Ländern bekannter als Krombacher und wird in Relation zur Bekanntheit auch am häufigsten gekauft. In Thüringen landet auch das dort hergestellte Bier aus Köstritz tatsächlich sehr häufig im Einkaufskorb. In Sachsen-Anhalt hat Hasseröder ähnliche Popularitätswerte wie Krombacher; letzteres wird aber geringfügig häufiger wirklich gekauft. Aus der Studie geht auch hervor, dass Radeberger keine bloße Ostmarke mehr ist: Bei der bundesweiten Befragung rangiert es hinter Beck’s und gleichauf mit Warsteiner auf Platz 2.
Auch andere ostdeutsche Marken erfreuen sich zumindest in der Herkunftsregion außerordentlich hoher Bekanntheit. Mit Bautz’ner Senf etwa wussten 84 Prozent der Befragten etwas anzufangen; 61 Prozent von diesen hatten das Produkt in den vergangenen vier Wochen tatsächlich auch gekauft. Vita-Cola ist bei 82 Prozent der Befragten bekannt; der Sekt von Rotkäppchen bei immerhin 78 Prozent – und wenn es etwas zu feiern gibt, wird dann auch zu Flaschen mit der markanten dunkelroten Kappe gegriffen: Ein Drittel derjenigen, die diese Marke kennen, hatte sie zu- letzt im Einkaufskorb. Anders bei Sekt von Schloss Wackerbarth: Die Marke ist 28 Prozent der Verbraucher bekannt, aber nur vier Prozent dieser hatten sie zuletzt auch erworben.
Insgesamt gibt es mit Spee und Filinchen, Zetti Knusperflocken, Kathi, Nudossi oder Teigwaren aus Riesa eine ganze Reihe von Marken, die im Osten weit mehr als die Hälfte, teils drei Viertel der Befragten kennen. Allerdings »verlieren einige der Marken an Bekanntheit bei jüngeren Zielgruppen«, heißt es in der Studie. Diese hat auch herausgefunden, dass mit 40 Prozent die meisten Verbraucher im Osten dem »bewussten« Einkaufstyp zuzurechnen seien, der saisonale, regionale und gesunde Produkte auswähle; nur 29 Prozent seien »Pragmatiker«, für die vor allem der Preis zähle, und 26 Prozent »Spontane«, die den Korb »wenig emotional« füllen. Und schließlich untermauert die Erhebung die Erkenntnis, dass Ostdeutsche außer am Freitag am liebsten am Donnerstag einkaufen. Im Westen ist der Samstag populärer.