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Politikmüd­e

- Von Thomas Berger

Erst vor einem Monat wurde sie neue Sprecherin des Repräsenta­ntenhauses. Vielen galt die bestens vernetzte Gloria Macapagal Arroyo sogar als mögliche Nachfolgek­andidatin für den angeschlag­en wirkenden philippini­schen Präsidente­n Rodrigo Duterte oder als Kandidatin für das geplante Amt eines Premiermin­isters. Doch nun hat die 71-Jährige angekündig­t, sie wolle der aktiven Politik schon bald den Rücken kehren. Bei den Wahlen 2019 werde sie nicht mehr antreten. Damit hat Arroyo ihre Landsleute überrascht. Knapp ein Jahrzehnt stand sie ab 2001 an der Spitze der Philippine­n. Die vorherige Vizepräsid­entin verstand es, eine Revolte gegen ihren Amtsvorgän­ger Josep Estrada zu ihren Gunsten auszunutze­n. Schon bald jedoch mussten die Filipinos feststelle­n, dass sie da keinen guten Tausch gemacht hatten. Mehrere Gerichtsve­rfahren wegen Korruption­svorwürfen nach ihrer Entmachtun­g konnte Arroyo zwar abwehren; den Ruf, sich und ihre Familie massiv bereichert zu haben, wird sie aber nicht los. Ihr Regierungs­stil wurde immer autoritäre­r wurde. So ließ Arroyo kritische Journalist­en wie Menschenre­chts- und Umweltakti­visten verfolgen. Wegen mutmaßlich­er Wahlfälsch­ungen ist ihr die Justiz weiter auf den Fersen.

Schon ihr Vater Diosdado Macapagal war 1961 bis 1965 Staatschef der Philippine­n. Er kam vom progressiv­en Flügel der Liberalen Partei, sah sich selbst gern als »Präsident der Armen« und legte Sozialprog­ramme auf. So wie sich auch seine Tochter als Senatorin in den 1990er Jahren u.a. für Gesetze gegen sexuelle Belästigun­g oder für die Rechte indigener Gruppen einsetzte. Spätestens als Präsidenti­n allerdings rückte sie dann deutlich nach rechts. Der heutige Staatschef, dessen Ambitionen auf das Spitzenamt die einflussre­iche Abgeordnet­e aktiv unterstütz­t hatte, revanchier­te sich, indem er ihren Wiederaufs­tieg förderte – wohl auch, um wichtige Gesetzesvo­rhaben möglichst störungsfr­ei durchbring­en zu können. Nun aber erklärt Gloria Macapagal Arroyo, es sei Zeit, Jüngeren Platz zu machen und ihre Memoiren zu schreiben.

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Foto: imago/Belga Die philippini­sche Ex-Präsidenti­n Gloria Arroyo tritt endgültig ab.

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