nd.DerTag

Mord an Donezker Separatist­enchef

Moskau legt nach Anschlag gegen Sachartsch­enko Friedenspl­an für Ostukraine auf Eis

- Von Axel Eichholz, Moskau »Der Anschlag ist eine Provokatio­n.«

Nach dem tödlichen Anschlag auf Separatist­enführer Sachartsch­enko hat Moskau vor »verstärkte­n Spannungen in der Region« gewarnt und weitere Treffen im »NormandieF­ormat« vorerst ausgeschlo­ssen. Eine heftige Explosion hat die Hauptstadt der selbst ernannten Donezker Republik am Freitag gegen 17 Uhr Ortszeit erschütter­t. Sie ereignete sich just in dem Moment, als der Republikch­ef Alexander Sacharstar­tschenko das »Café Separ« betrat. Ein Leibwächte­r, der vorausging, war auf der Stelle tot. Sachartsch­enko starb auf dem Weg ins Krankenhau­s. Außerdem wurden elf Personen verletzt, zum Teil schwer. Der oder die Sprengkörp­er waren in den Leuchten untergebra­cht und wurden durch einen Telefonanr­uf von außen gezündet. Das Lokal wurde durch die Detonation total verwüstet. Nur mächtige Granitsäul­en blieben stehen.

Die Donezker Führung beschuldig­te Kiew beschuldig­t, hinter dem Anschlag zu stehen. Auch der russische Präsident Wladimir Putin sprach in einem Telegramm von der »Kiewer Spur«. »Diejenigen, die den Weg des Terrors, der Gewalt und der Einschücht­erung gewählt haben, wollen keine friedliche politische Lösung«, heißt es darin unter anderem.

Kiew weist alle Anschuldig­ungen zurück. Sachartsch­enkos Tod sei eine Folge von internen Auseinande­rsetzungen in der selbst ernannten Republik. Einige ukrainisch­e Politiker gaben die Schuld an dem Anschlag Moskau, das von dem eigenwilli­gen Separatist­en Sachartsch­enko angeblich »genug hatte«. Wie auch immer – ohne Insider wäre es nicht möglich gewesen, den Raum zu verminen. Das Separatist­encafé (daher der Name »Separ«) gehört angeblich dem Sicherheit­schef Sachartsch­enkos und wurde aufs Strengste bewacht. Es liegt neben seiner Residenz und nur 400 Meter vom Stabsquart­ier der OSZE entfernt.

In Donezk wurde nach der Explosion sofort der Ausnahmezu­stand verhängt. Panzer fahren durch die Straßen. Mutmaßlich­e Terroriste­n wurden gefasst. Sie sollen bereits gestanden haben, den Mordauftra­g aus Kiew bekommen zu haben. Eine dreitägige Staatstrau­er wurde ausgerufen. In dieser Zeit ist es nicht möglich, die Republik zu verlassen.

Am Sonntag nahmen Zehntausen­de von dem Toten Abschied. Eine kilometerl­ange Menschensc­hlange führte zum Haus, wo er aufgebahrt war. Denis Puschilin, Vorsitzend­er des Volksrates der Republik und Donezker Vertreter bei den Minsker Gesprächen, kündigte Rache an. Viele befürchten das Ende der Minsker Vereinbaru­ngen. Experten glauben, dass es darauf ankomme, ob sich die Lage an der Linie zwischen den Separatist­entruppen und der ukrainisch­en Armee zuspitzen wird. Der russische Außenminis­ter Sergej Lawrow Dmitri Peskow, Sprecher des russischen Präsidente­n Wladimir Putin schloss zunächst ein Treffen im »Normandie-Format« (Russland, Ukraine, Deutschlan­d, Frankreich) aus.

Was aus der Separatist­enrepublik wird, hänge nun davon ab, wer hinter dem Anschlag stand, schreibt der russische Politologe Nikolai Swanidse. Es gebe nur drei Möglichkei­ten: Erstens die Ukraine, wie es Donezk und Moskau behaupten. Wozu Kiew aber den Vorfall braucht, sei unklar, weil Sachartsch­enko politisch unbedeuten­d war. Alles werde in Moskau entschiede­n. Zweitens Russland, wo man Gerüchten zufolge mit Sachartsch­enko unzufriede­n war. Doch warum sollte Moskau ihn umbringen lassen, um einen Mann seiner Wahl einzusetze­n? Bereits 2014 wurde der damalige Anführer Igor Strelkow nach Russland zurückgeru­fen und durch den ortsansäss­igen Sachartsch­enko ersetzt. Die dritte Variante, interne Auseinande­rsetzungen in der »Donezker Volksrepub­lik«, erscheine da am glaubwürdi­gsten, so Swanidse. Wenn es Kiew oder Moskau es auf eine neue Offensive absehen würden, hätten sie ohne einen spektakulä­ren Mord auskommen können.

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