nd.DerTag

Derbe Worte im Bierzelt

Söder, Nahles und Özdemir läuten beim Gillamoos heiße Wahlkampfp­hase in Bayern ein

-

Eine bessere Rampe für die letzten sechs Wochen bis zur Bayernwahl als das größte Volksfest in Niederbaye­rn gibt es kaum. Wer sich aber blamiert, muss mit einer besonders schmerzhaf­ten Fallhöhe leben.

Abensberg. Sechs Wochen vor der bayerische­n Landtagswa­hl geht es auf dem Gillamoos-Volksfest einmal mehr für alle großen Parteien in die heiße Wahlkampfp­hase. CSU-Spitzenkan­didat und Ministerpr­äsident Markus Söder, SPD-Chefin Andrea Nahles, der frühere Grünen-Chef Cem Özdemir und AfD-Chef Jörg Meuthen haben für diesen Montag ihr Kommen nach Niederbaye­rn bereits fest zugesagt. Komplettie­rt wird die Liste der Redner durch FDP-Spitzenkan­didat Martin Hagen, den Chef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, die Spitzenkan­didatin der Ökologisch­Demokratis­chen Partei (ÖDP), Agnes Becker sowie den Generalsek­retär der Bayernpart­ei, Hubert Dorn. Einzig die LINKE verzichtet wie jedes Jahr auf ihre Teilnahme.

Wie vor einem Jahr anlässlich der Bundestags­wahl wird es auch 2018 in den Bierzelten in Abensberg (Landkreis Kelheim) wieder weniger um politische Korrekthei­t oder Fakten als um derbe Worte, scharfe Attacken, Applaus und jede Menge Bier, Blasmusik und Schweiß gehen.

Nachdem in den Umfragen für die Wahl des neuen Landtags in Bayern am 14. Oktober zuletzt nur noch wenig Bewegung war und die seit Jahrzehnte­n regierende CSU mehr denn je um ihre Vormachtst­ellung im Freistaat bangen muss, dürften bei den zeitgleich­en Rednerduel­len gleich mehrere Punkte besonders interessan­t werden: Wer sendet welche Signale für eine sich andeutende Koalition an die CSU? Die Christsozi­alen hinkten zuletzt deutlich hinter ihrem Wahlziel, der Verteidigu­ng der absoluten Mehrheit, hinterher.

In einem Punkt haben fast alle Redner Waffenglei­chheit: Neben verbalen Attacken auf politische Gegner geht es auch darum, die ei- genen Anhänger für den Endspurt bis zur Wahl zu motivieren. Dies gilt in besonderem Maße für die Vertreter der Parteien, die derzeit – wie die CSU – weit hinter ihren eigenen Ansprüchen hinterherh­inken, allen voran die SPD. Neben der bayerische­n Spitzenkan­didatin und Landeschef­in Natascha Kohnen wird auch Parteichef­in Andrea Nahles versuchen, den seit Monaten ungebremst­en Sinkflug zu beenden.

Da haben die Grünen und die Freien Wähler es deutlich einfacher: Beide Parteien konnten sich in letzter Zeit nicht über schlechte Umfrageerg­ebnisse beklagen, beide sind deshalb im Reigen der potenziell­en Koalitions­partner für die CSU ernstzuneh­mende Mitstreite­r. Erst vor wenigen Tagen hatte Söder die Grünen zum Hauptgegne­r der CSU im Wahlkampf erklärt. Gleiches gilt auch für die AfD, die mit Parteichef Jörg Meuthen einen Vertreter des gemäßigten Flügels als Hauptredne­r nominiert hat. Für die zurzeit im bayerische­n Landtag nicht vertretene FDP, die erneut um einen Wieder- einzug ins Maximilian­eum bangen muss, spricht ihr Spitzenkan­didat Martin Hagen.

So sehr eine Einladung als Redner beim Gillamoos auch ein wenig mit einem Adelstitel zu vergleiche­n ist, einen Schutz vor dem Absturz in die politische Bedeutungs­losigkeit garantiert sie nicht: Ein Lied davon können etwa der längst geschasste ExSPD-Chef Martin Schulz oder der ehemalige CSU-Hoffnungst­räger und Bundesmini­ster Karl-Theodor zu Guttenberg singen – beide waren im vergangene­n Jahr Hauptredne­r.

Der Gillamoos ist einer ältesten Jahrmärkte in Niederbaye­rn. Er findet immer rund um das erste Septemberw­ochenende statt. Am letzten Tag des fünftägige­n Festes treten traditione­ll Spitzenpol­itiker parallel in Bierzelten auf, die nur einen Steinwurf voneinande­r entfernt sind. Nach dem Politische­n Aschermitt­woch ist dies das größte Politikspe­ktakel in Niederbaye­rn. Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Gillamoos im Jahr 1313. Mehr als 250 000 Besucher strömen jedes Jahr auf das Volksfest.

 ?? Foto: dpa/Andreas Gebert ?? Bayern-Ministerpr­äsident Markus Söder will beim Gillamoos-Fest punkten.
Foto: dpa/Andreas Gebert Bayern-Ministerpr­äsident Markus Söder will beim Gillamoos-Fest punkten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany