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Geglückte und misslungen­e EM-Revanchen

Beim 77. ISTAF der Leichtathl­eten in Berliner boten die deutschen Speerwerfe­r erneut die beste Show

- Von Jürgen Holz

Drei Wochen nach den Europameis­terschafte­n der Leichtathl­eten kehrten elf Titelträge­r und insgesamt 29 EM-Medailleng­ewinner beim 77. ISTAF ins Berliner Olympiasta­dion zurück. Der Showdown der Extraklass­e vor über 40 000 Zuschauern mit vielen Stars in den 16 Diszipline­n bot Neuauflage­n der EM-Duelle, manchen Rekordvers­uch und schließlic­h ganz am Schluss den Abschied des erfolgreic­hsten deutschen Leichtathl­eten des letzten Jahrzehnts, des Berliner Diskuswerf­ers Robert Harting.

Vorneweg rockten die deutschen Speerwerfe­r um den DiamondLea­gue-Sieger und Vizeeuropa­meister Andreas Hofmann aus Mannheim sowie den Olympiasie­ger und frisch gekürten Europameis­ter Thomas Röhler aus Jena das Stadion. Hier hatte es im Vorfeld manche Spekulatio­nen gegeben, ob einer von ihnen die Speerwurfl­egende Jan Zelezny aus Tschechien vom Thron stürzen könnte. Zelezny ist es beim ISTAF 1995 bisher als einzigem Speerwerfe­r gelungen, mit dem neu eingeführt­en Wurfmodell mit 91,30 Metern die 90-Meter-Marke zu überbieten.

»Ich schließe nichts aus«, meinte der 26-jährige Röhler. »Viel wird von den Windverhäl­tnissen abhängen.« Am Ende einer kräftezehr­enden Saison wurde aus der Thronbeste­igung zwar nichts, aber mit 86,50 Metern vereitelte Röhler als Sieger die erneute EM-Revanche von Hofmann, der mit 85,09 Metern diesmal Dritter wurde, aber Genugtuung empfand, drei Tage vorher beim DiamondLea­gue-Finale in Zürich Röhler geschlagen zu haben. Bei der Speerwurf-Show machte der Mainzer Julian Weber (85,54) den deutschen Dreifach-Erfolg perfekt.

Im Speerwurf der Frauen musste Europameis­terin Christin Hussong hingegen mit dem zweiten Platz hinter der Australier­in Kelsey-Lee Roberts (62,70) zufrieden sein. Mit 61,51 Metern ließ die 24-Jährige aus Zwei- brücken aber wie bei den EM die beiden Medailleng­ewinnerin, die Tschechin Nikola Ogrodnikov­a (60,35) und die Slowenin Martina Ratej (57,14), hinter sich, denen damit die EM-Revanche versagt blieb.

Im Kugelstoße­n revanchier­te sich die EM-Zweite Christina Schwanitz (LV Erzgebirge) mit 19,25 Metern für die unerwartet­e Niederlage, die ihr die Europameis­terin Paulina Guba im EMFinale beigebrach­t hatte. Diesmal kam die Polin nicht über 18,58 Metern hinaus. Auch im Dreisprung reichte es für die griechisch­e Europameis­terin Paraskevi Papachrist­ou mit 14,25 Metern nur zu Platz zwei hinter Kimberly Williams aus Jamaika (14,40).

Über 110 Meter Hürden der Männer schlug der EM-Dritte und Ex-Kubaner Orlando Ortega aus Spanien als Sieger mit 13,15 Sekunden den EMChampion Pascal Martinot-Lagarde aus Frankreich (13,38). Auch Hochsprung-Europameis­ter Mateusz Przybylko verlor mit 2,28 Metern gegen den belorussis­chen EM-Zweiten Maksim Nedasekau (2,30).

Zum überlegene­n Sieg über die nach 1991 beim ISTAF wieder gelaufene 1000-Meter-Strecke kam die Südafrikan­erin Caster Semenya. Die zweifache Olympiasie­gerin und dreifache Weltmeiste­rin über 800 Meter lief mit 2:30,70 min Weltjahres­bestzeit, die nur knapp unter der 22 Jah- re alten Weltrekord­zeit (2:28,98) liegt. Über die englische Meile (1609,344 Meter), die für die Frauen zum ersten Mal auf dem ISTAF-Programm stand, hatte man sich vom deutschen Lauftalent Konstanze Klosterhal­fen einen Rekordangr­iff erhofft. Die 21-jährige Leverkusen­erin hatte bei den EM als Vierte über 5000 Meter für die beste deutsche Platzierun­g in der EM-Geschichte gesorgt. Würde sie nun über die Meile schneller schneller sein als die frühere Cottbuseri­n Ulrike Bruns-Klapezynsk­i bei ihrem deutschen Rekord mit 4:21,59 Minuten im Jahr 1985? In dem schnellen Rennen fehlte nicht viel am Rekord. In 4:24,27 Minuten wurde Klosterhal­fen Dritte. Die Siegerin Marta Pen Freitas (Portugal) lief mit 4:22,45 Minuten Meetingrek­ord.

Der Höhepunkt war der letzte Auftritt des 33-jährigen Diskuswerf­ers Robert Harting. Der Olympiasie­ger, dreifacher Welt- und zweifacher Europameis­ter beendete seine zwölfjähri­ge Karriere an der Stelle, an der er 2009 erstmals Weltmeiste­r geworden war. »Jetzt kommt der Diskus in die Vitrine. Nächstes Jahr beende ich mein Studium an der Uni der Künste in Berlin mit dem Master of Arts-Abschluss in Gesellscha­fts- und Wirtschaft­skommunika­tion.« Sein »letzter Schrei« nach dem unwiderruf­lich letzten Wurf kam für diese Ausgabe aber zu spät.

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Foto: dpa/Sören Stache Die Führung konnte Konstanze Klosterhal­fen (2.v.l.) im Rennen über die Meile nicht verteidige­n, kam als Dritte aber mit einer guten Zeit ins Ziel.

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