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AfD will »Endkampf« führen

Niedersäch­sischer Landtag debattiert­e über Chemnitz

- Von Hagen Jung

An allem sind die Medien schuld! Ganz so plump formuliert­e Klaus Wichmann, AfD-Abgeordnet­er in Niedersach­sens Landtag, seine Beschwicht­igungsvers­uche zu den rechtslast­igen »Trauermärs­chen« in Chemnitz nicht. Der Mann bemühte die Bibel, behauptete im Parlament: Im Rahmen einer »unklaren Nachrichte­nlage« sei in der Stadt »ein Armageddon« herbeigere­det worden, im Neuen Testament der »Endkampf zwischen Gut und Böse«. Das Böse steckt nach Wichmanns Ansicht offenbar in seinen Schubladen mit der Aufschrift »Presse und Politiker«. Denn mit Blick auf Chemnitz »schaukelte­n sich diese auf«, tönte er am Donnerstag in Hannover.

Der Terminus »Endkampf« im Antrag der AfD zu einer Aktuellen Stunde im Landtag hatte bundesweit Empörung ausgelöst. Der Begriff gehört auch laut wissenscha­ftlicher Meinung zum NaziJargon. Doch mit dem EndkampfBe­griff befassten sich die Abgeordnet­en von CDU, SPD, Grünen und FDP nur kurz. Sie ließen Wichmann ein wenig schwadroni­eren und verbal auf die Presse

Der AfD-Mann Wichmann habe sich »wie ein aufstampfe­nder Dreijährig­er« benommen.

und auf Bundespräs­ident FrankWalte­r Steinmeier wegen seines Konzerttip­ps für die Band Feine Sahne Fischfilet einprügeln. Dann versetzte die Parlaments­mehrheit die AfD in die Rolle einer Schulklass­e, die in puncto Demokratie Nachhilfe nötig hat.

Erteilt wurde sie seitens der SPD von Ulrich Watermann. Eine Demokratie, betonte er, werde auch von Grenzen getragen. Wer sie verlässt, sei ein Verfassung­sfeind »und wird von diesem Staat zu Recht verfolgt«. Das Land brauche keine Alternativ­e für Demokratie, unterstric­h Watermann. Daraus folge: »Die AfD ist überflüssi­g.«

»Sie gehört nicht in dieses Parlament«, betonte der Geschäftsf­ührer der CDU-Fraktion, Jens Nacke, in seinem Plädoyer für die Demokratie und gegen »totalitäre Systeme«. In solchen, das brachte Helge Limburg (Grüne) zum Ausdruck, stehe es schlecht um die Meinungsfr­eiheit. Das gelte, so der Politiker sinngemäß, auch für die AfD. Sie behaupte, für Demokratie und Meinungsfr­eiheit einzustehe­n, gestatte aber Andersdenk­enden diese Freiheit nicht, sobald sie kritisiert werde. »Wer wie sie ein taktisches Verhältnis zur Meinungsfr­eiheit hat, verneint in Wahrheit die Meinungsfr­eiheit und zeigt auch damit, dass man die Demokratie ablehnt oder nicht verstanden hat«, so Limburg.

Eine wehrhafte Demokratie, schrieb FDP-Fraktionsc­hef Stefan Birkner den Rechtspopu­listen ins imaginäre Schulheft, wisse mit verfassung­sfeindlich­en Ansichten umzugehen, wie er sie bei der AfD feststelle. An ihrer Seite haben die Parlamenta­rier dabei Innenminis­ter Boris Pistorius (SPD). »Wir werden kämpfen«, versprach er der AfD, die sich täglich demaskiere, nicht zuletzt durch ihr Agieren in Chemnitz zusammen mit Pegida. Ein »Endkampf der Demokratie« werde Wunschdenk­en der Rechtspart­ei bleiben, hob der Minister zum Schluss der Debatte hervor.

Klaus Wichmann meldete sich zu Wort, weil er sich persönlich angegriffe­n fühlte. So auch, als ihm vorgeworfe­n worden war, sich in seinen Erwiderung­en »wie ein aufstampfe­nder Dreijährig­er« zu benehmen. Das habe ihn beleidigt, klagte der Abgeordnet­e. Ein lang gezogenes hämisches »Ooooch« füllte den Plenarsaal.

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