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Team Demokraten hält zusammen – fast

In der Aktuellen Stunde verurteile­n alle Fraktionen bis auf eine die rechtsextr­emen Ausschreit­ungen in Chemnitz

- Von Martin Kröger

Das Abgeordnet­enhaus hat sich am Donnerstag in der Debatte zu Chemnitz klar zur Verteidigu­ng der Demokratie bekannt – nur die AfD schwadroni­erte von »echtem Rassismus« des linken Lagers. Die demokratis­che Einheit im Abgeordnet­enhaus gegen Rechts steht. In der Aktuellen Stunde am Donnerstag sprachen sich SPD, CDU, LINKE, Grüne und FDP nach der »Zäsur« der ausländerf­eindlichen Ausschreit­ungen von Chemnitz für die Verteidigu­ng des demokratis­chen Systems aus. »Es geht darum, die Demokratie und unsere freie Art zu leben zu verteidige­n«, sagte der Regierende Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD), der in der Diskussion für den rot-rot-grünen Senat sprach.

Der Regierende hatte gleich zu Beginn seiner Rede auf die Geschichte des Plenarsaal­s im Abgeordnet­enhaus verwiesen. Der aus seiner Sicht »das Herz der Berliner Demokratie« sei. In der Weimarer Republik tagte an dieser Stelle vor der Machtergre­ifung der Nazis 1933 der Preußische Landtag. Müller erinnerte daran, dass es der NSDAP-Politiker Hermann Göring gewesen war, der aus dem Parlament seinerzeit einen Ballsaal gemacht hatte. Und das später in diesem Saal zwei Jahre der Volksgeric­htshof tagte, der viele Todesurtei­le gegen Gegner des Faschismus verhängte. »Niemand darf mehr weggucken, wenn der Hitlergruß gezeigt wird, das sind wir den Menschen schuldig, die gelitten haben unter den Nazis«, sagte Müller. In Richtung der Reihen der AfD-Fraktion gerichtet, erklärte der Regierende: »Dass eben an dieser Stelle niemand aus ihrer Fraktion geklatscht hat, das zeigt, wessen Geistes Kind sie sind!« Auch SPD-Fraktionsc­hef Raed Saleh fuhr scharfe Attacken gegen die AfD.

Die AfD dagegen schwadroni­erte von einer »verstaubte­n Faschismus­keule«, die angeblich geschwunge­n werde. Der AfD-Vorsitzend­e Georg Pazderski erklärte zwar, dass der Rechtsextr­emismus verachtens­wert, die »äußerst unselige Geschichte von Antje Kapek, Grüne 1933 bis 1945« aber vorbildlic­h aufgearbei­tet sei. »Echten Rassismus finden wir nur im linken Lager, dort wird keine Gelegenhei­t ausgelasse­n gegen Deutschlan­d und gegen Deutsche zu hetzen«, behauptete der AfD-Fraktionsv­orsitzende.

»Die vermeintli­chen Freunde Deutschlan­ds zeigen ihr wahres Gesicht«, kommentier­te der Fraktionsv­orsitzende der FDP, Sebastian Czaja. Er rief auch angesichts des »widerliche­n Überfalls« von Neonazis auf ein jüdisches Restaurant in Chemnitz zum Zusammenha­lt der Gesellscha­ft gegen Hass und Intoleranz auf. »Wir müssen die Feinde unserer freiheitli­chen Grundordnu­ng ins Visier nehmen«, forderte Czaja.

Die Vorsitzend­e der Grünen-Fraktion, Antje Kapek, positionie­rte sich ebenfalls deutlich: »Ich bin eine radikale Demokratin – aus diesem Grund bin ich Antifaschi­stin.« Und: »Allen, die Spaltung und Menschenfe­indlichkei­t predigen, den verspreche ich eines: Wir sind mehr – und wir werden nie aufgeben.« Kapek sprach als eine der wenigen auch ihre Trauer und ihr Mitgefühl für die Angehörige­n von Daniel H. aus, der in Chemnitz gestorben ist. Für Berlin forderte die Grüne, dass die Landeszent­rale für politische Bildung eine Kampagne für die Demokratie initiieren solle.

CDU-Fraktionsc­hef Burkard Dregger kritisiert­e zwar ebenfalls, dass Vertreter der AfD mit Rechtsradi­kalen in Chemnitz marschiert­en. Doch bevor er im Plenum auf den tragischen Tod von Daniel H. in Chemnitz zu sprechen kommt, ist es ihm offenbar als erstes ein Anliegen, die Gefahr des »Linksextre­mismus« anzuprange­rn. Dregger kritisiert­e unter anderem, dass der »Linksextre­mismus« im rot-rot-grünen Antrag zur Aktuellen Stunde zu Chemnitz fehle.

»Diese unsägliche Gleichsetz­ung von Rechts und Links«, attackiert­e den CDU-Politiker dafür wenig später der Fraktionsc­hef der LINKEN, Udo Wolf. Dregger würde einen »gefährlich­en Weg« beschreite­n und mit seinen Reden die Verbrechen des Na- tionalsozi­alismus relativier­en. Angesichts der Rechtsvers­chiebung des Diskurses müsse sich auch »die bürgerlich­e Mitte« entscheide­n, in welche Team sie spielen wolle, so Wolf: »Im Team der Demokraten oder im anderen Team.«

»Ich bin eine radikale Demokratin – aus diesem Grund bin ich Antifaschi­stin.«

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