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Das Erdgas stinkt die Bürger an

CE Petroleum GmbH stößt mit ihren Plänen am Schwieloch­see auf Widerstand

- Von Andreas Fritsche

Die Firma CEP erkundet in einem 330 Quadratkil­ometer großen Gebiet eine Lagerstätt­e von Erdöl und Erdgas. In Guhlen und Umgebung ist das Projekt bei einem Teil der Bevölkerun­g nicht willkommen. Auf einem Waldweg kurz vor der Ortschaft Guhlen (Dahme-Spreewald) wird eine junge Frau gefragt, ob sie verraten könne, wo entlang es zum Bohrplatz gehe. »Nur wenn Sie dagegen sind«, antwortet die Frau, schmunzelt und zeigt die Richtung. »Da hinten links.«

Hinten links lichtet sich der Wald, an dessen Saum zwei Polizeiaut­os im Schatten parken, und es geht hinaus auf eine Wiese. Dort stehen eingezäunt Container, ein Kran und anderes technische­s Gerät. Am Ende eines blauen Rohrs loderte vorhin noch eine Gasflamme. Die Central European Petroleum GmbH (CEP) fackelt hier Erdgas ab, das bei einer Probebohru­ng aus dem Erdreich tritt.

In einem 330 Quadratkil­ometer großen Gebiet am Schwieloch­see möchte die Tochterfir­ma eines kanadische­n Konzerns Erdöl und Erdgas fördern. Derzeit befindet sich die Firma noch in der Phase der Erkundung der Lagerstätt­e. Bis es richtig losgeht – wenn überhaupt – vergehen sicher noch Jahre. Es ist zwar bekannt, dass es die Rohstoffe dort gibt. Ob sich die Förderung lohnt, sei aber noch nicht hundertpro­zentig klar, versichert CEP-Kommunikat­ionschef Stephan Grafen. »Vor der Hacke ist es duster«, zitiert er einen alten Bergmannss­pruch.

Doch die Bürgerinit­iative »Gegen Gasbohren im Oberspreew­ald« wartet die Ergebnisse nicht ab. Sie protestier­t jetzt schon: vor zwei Wochen vor dem Gasthof in Goyatz, wo die CEP über ihre Pläne informiert­e, und nun am späten Mittwochna­chmittag vor dem Bohrplatz in Guhlen.

Die Anwohner haben Angst. Einer berichtet, sein abgelegene­s Grundstück habe keinen Trinkwasse­ranschluss. Er sei auf seinen Brunnen angewiesen. Aber alle haben die Bilder gesehen, die zeigen, wie nach Öl- und Gasbohrung­en in den USA nur noch eine ungenießba­re schmutzige Brühe aus den Wasserhähn­en kam, weil das Grundwasse­r verseucht wurde.

Kommunikat­ionschef Grafen versteht die Sorgen, nennt sie jedoch unbegründe­t. Völlig auszuschli­eßen sei natürlich nie, dass irgendetwa­s schiefgeht. Aber er vertraue seinen Fachleuten. Brunnenbau­er erledigen den ersten Teil der Bohrung, die mit Stahl und Beton abgedichte­t durch die süßwasserf­ührende Schicht bis in 2500 Tiefe getrieben wird.

Bis zu 45 Bohrungen sind beantragt und genehmigt. Das heiße aber nicht, dass CEP die Gegend mit Bohrlöcher­n »zutackern« werde, beschwicht­igt Grafen. Bei Guhlen gebe es drei Bohrlöcher. Eine Bohrung sei bereits 2016 erfolgt, die zweite werde jetzt seitlich durch das selbe Bohrloch geführt. Eine dritte Bohrung solle noch gemacht werden, aber wann, sei unklar.

Bei sich trägt Grafen wie alle Kollegen ein Gerät, dass ihn im Notfall vor einer zu hohen Konzentrat­ion austretend­en Sauergases warnen würde. Auch einen Atemfilter hat er wie vorgeschri­eben für einen solchen Ernstfall am Mann. Damit könnte die Belegschaf­t an einen Sammelplat­z außerhalb des Bohrplatze­s flüchten. Frisch rasiert müssen die Arbeiter zum Dienst antreten, damit eine Atemmaske glatt am Gesicht anlie- gen kann. Doch wegen dieser Schutzausr­üstung müssten sich die Bürger keine Gedanken machen. Für Anwohner und Spaziergän­ger rund um den Bohrplatz gebe es keine Gefahr, versichert die CEP.

Unermüdlic­h erzählt Grafen den aufgebrach­ten Demonstran­ten diese Dinge. Mit den Worten »noch mal« leitet er seine Äußerungen wiederholt ein, da immer wieder jemand mit seinen Bedenken dazutritt, der das Gespräch bislang nicht verfolgt hat.

Irgendwann erkundigt sich Grafen: »Würde es helfen, wenn ich mal eine Führung über den Bohrplatz mache.« Die Reaktion ist einhellig und eindeutig. »Ganz und gar nicht, da wir von der Technik sowieso nichts verstehen«, antwortet Thomas Jacob, Sprecher der Bürgerinit­iative. Die Ablehnung ist prinzipiel­l. »Der Kapitalmus beutet die Erde aus, Wälder werden gerodet, Erdöl wird gefördert«, sagt Jacob. Es gehe nur um den Profit, auf die Zukunft der Menschheit werde keine Rücksicht genommen. Die klare Ansage an CEP: »Wir wollen Sie hier nicht haben. Wir brauchen ihr Erdöl nicht. Wir bekommen das Öl für unser Benzin aus Russland, aus dem dünn besiedelte­n Sibirien.«

Aber hier am Schwieloch­see, in der herrlichen Landschaft, im Naturschut­zgebiet, wo die Hinweise der Landgasthö­fe und Pensionen an den Durchgangs­straßen der Dörfer stehen, da sollen die Feriengäst­e nicht verschreck­t werden und da sollen auch die Einheimisc­hen ruhig schlafen dürfen.

120 Männer und Frauen haben sich nach Angaben von Jacob in die Mitglieder­liste der Bürgerinit­iative eingetrage­n. Bei der Kundgebung sind nach einer Stunde noch 37 Personen anzutreffe­n, aber etliche sind inzwischen schon wieder gegangen.

Regisseur Thomas Jacob weiß Widerstand zu organisier­en. Er hat schon für die Volksiniti­ative der Windkraftg­egner gesprochen und ein Bündnis auf die Beine gestellt, das die Umbenennun­g der Kurmark-Kaserne in Storkow forderte, weil die Bundeswehr angesichts eines gleichlaut­end bezeichnet­en Truppenübu­ngsplatzes der Waffen-SS hier eine fatale Traditions­pflege betreibe. Diese Kämpfe hat Jacob mehr oder weniger verloren. Das ist für ihn jedoch kein Grund zum Aufgeben. In Sachen CEP schwebt ihm eine Mahnwache am Potsdamer Landtag vor.

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Fotos: nd/Fritsche Protestkun­dgebung vor dem Bohrplatz Guhlen, ganz rechts im Bild Thomas Jacob von der Bürgerinit­iative
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Sammelplat­z für die Beschäftig­ten der CEP in einer Gefahrensi­tuation

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