Analoges Dauerdröhnen
Kompromissloser Techno von Helena Hauff
Auf Fotos wird man es nicht sehen können, aber Helena Hauff dürfte sich trotzdem gefreut haben: So viel Lob wie für »Qualm« – ein Album aus der ungepolstert-harten Clubmusikecke – gab es selten. Da fragt man sich dann vielleicht doch einen naiven Moment lang, wo sie denn sonst so bleiben, all die verdient dicken Lobeshymnen für ungezählte gute bis sehr gute, mitunter auch um einiges innovativere Techno-, Electro- und House-Produktionen, wie sie regelmäßig erscheinen, von denen freilich in der Poppresse oder im Feuilleton ebenso regelmäßig nicht eine einzige Erwähnung findet. Von der Elektronik-Fachzeitschrift »Groove« sprechen wir hier natürlich nicht, die macht hierzulande, seit es »De:Bug« nicht mehr gibt, einen so guten wie einsamen MusikSeismographen-Job, wenn es um Künstler, Szenen, formal-ästhetische oder auch politische Bewegung(en) innerhalb der elektronischen Subkultur geht.
Okay, die Welt ist nicht gerecht, Popkritiker stürzen sich bekanntlich lieber rudelgleich auf ein Phänomen. Und, ja, stimmt, über Helena Hauff und den bemerkenswerten Lauf, den die Hamburgerin und ExPudelclub-Plattenauflegerin seit ein paar Jahren vor allem als vielgebuchte DJ hat, sollte man tatsächlich ein paar Worte verlieren: Nicht viele Frauen sind in der Männerdomäne des Auflegens zu finden oder schaffen es zum »Star«. Hauff wirkt dabei noch so lässig und grinst angenehm selten bis nie in die Kamera. Bei ihren DJ-Sets legt sie ausschließlich Vinylplatten auf, was ja leider auch immer seltener passiert. Hauff pflegt dabei, zumindest live und auf ihrem zweiten Album »Qualm«, ein durchaus eigensinniges musikästhetisches Empfinden.
Man muss dieses Empfinden nicht zwingend zu jeder Tageszeit teilen: Hauffs Liebe fürs harsch übersteuerte analoge Dauerdröhnen ihres Privatmaschinenparks, für das brutale Verzerrt-Sein ihrer »Qualm«Dance-Tracks, für ungefedertes Hämmern der Bassdrum oder raumgreifende aggressive Claps. Rougher, härter, kompromissloser lautet die Devise der begabten Kettenraucherin. Techno und Detroit-Electro (ein bisschen wie von Drexciya, leider ohne deren trockenen Funk), Holland-Acid aus dem Bunker und Electronic Body Music heißen u.a. die von ihr bespielten Genres, wozu unbedingt auch ein paar einfache, verspult-kitschige, aber auch düsterbedrohliche Melodien aus dem Weltraum gehören, wie man sie von Model 500 oder aus den B-Movies von John Carpenter kennt.
Und, klar, wenn man sich einmal richtig drauf eingelassen hat, ist es gar nicht so leicht, sich dieser reduziert inszenierten, grobkörnig-ruppigen, immer hochintensiven Sorte psycho-physikalischer Energie zu entziehen. Eben darum geht’s.