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Eine Kryptowähr­ung gegen die Sanktionen

Irans Regierung denkt über Möglichkei­ten nach, wie der Handel mit dem Ausland aufrechtzu­erhalten ist

- Von Oliver Eberhardt

Mit einer eigenen Kryptowähr­ung will die iranische Regierung die USSanktion­en umgehen. Viele Unternehme­n wollen sich nicht an die Ansage aus Washington halten – man sucht andere Zahlungswe­ge. Es sind sorgenvoll­e Tage für Salman al Jumaili: »Manchmal habe auch ich keinen Plan«, sagt der irakische Planungs- und Handelsmin­ister: »Auch wenn der Handel mit Iran nur einen kleinen Teil unserer Importe und Exporte ausmacht, ist er für viele kleine Unternehme­n überlebens­wichtig.« Vom kleinen Supermarkt über den kurdischen Bauern bis zum Bauunterne­hmer – große Teile der irakischen Wirtschaft und damit auch der Bevölkerun­g vom Handel mit iranischen Geschäftsp­artnern abhängig.

Und das droht nun zum Problem zu werden: Seit US-Präsident Donald Trump im Mai die Wiedereinf­ührung der US-Sanktionen gegen Iran bekanntgeg­eben hat, werden immer wieder Abgesandte der US-Regierung in Bagdad vorstellig. Mit einer stets simplen Botschaft: »Die wollen, dass wir die Sanktionen durchsetze­n, und drohen mit Schritten gegen alle, die das nicht tun«, sagt Minister al Jumaili. Banken und Politikern könnten in den USA Verfahren, hohe Bußgelder, sogar ein Einfrieren eigener Konten drohen. Zudem haben bereits mehrere arabische Staaten mit der Durchsetzu­ng der Sanktionen begonnen. Banken mit Sitz in diesen Ländern haben den Überweisun­gsverkehr eingestell­t.

In Iran glaubt man nun die Antwort darauf gefunden zu haben: Eine eigene Kryptowähr­ung solle künftig den Zahlungsve­rkehr mit ausländisc­hen Geschäftsp­artnern sicherstel­len, kündigte die staatliche Behörde für Wissenscha­ft und Technologi­e des Präsidiala­mtes an. Dabei handelt es sich um eine noch namenlose, nur digital existieren­de Währung, die allerdings anders als Bitcoin von der iranischen Zentralban­k kontrollie­rt werden wird. »Die Kryptowähr­ung wird unsere Wirtschaft resistent gegen die Sanktionen machen«, sagt Alireza Daliri, stellvertr­etender Direktor für Finanzgesc­häfte. Wie die Umsetzung der iranischen Kryptowähr­ung funktionie­ren soll, ist un- bekannt; Daliri will noch nicht einmal sagen, wie die Währung abgesicher­t werden soll.

Anstatt über eine herkömmlic­he Bank könnten Unternehme­n damit künftig über eine Internetpl­attform bezahlen. Dabei geht es nicht in erster Linie um den Handel mit den Nachbarlän­dern, sondern mit China, Russland und Europa. Denn in Iran befürchtet man, bald vom SWIFTSyste­m abgeklemmt zu werden. Anfang November treten in den USA weitere Sanktionen in Kraft, darunter auch das Verbot, iranischen Finanzinst­ituten Dienstleis­tungen und Infrastruk­tur für den Zahlungsve­rkehr zur Verfügung zu stellen.

Bei SWIFT handelt es sich um eine in Belgien ansässige Organisati­on, die den Austausch von Nachrichte­n und Transaktio­nen zwischen Banken in aller Welt koordinier­t und die Infrastruk­tur dafür bereit stellt. Dies soll grundsätzl­ich ohne Rücksicht auf politische Verhältnis­se geschehen. Doch schon einmal, im Jahr 2012, musste SWIFT den Zahlungsve­rkehr mit Iran unterbrech­en, nachdem die EU Sanktionen verhängt hatte. Dieser Schritt habe die Iraner damals an den Ver- handlungst­isch gezwungen, ist sich ein Sprecher des US-Finanzmini­steriums sicher. Nach Unterzeich­nung des Atomabkomm­ens wurden dann im Februar 2016 wieder iranische Banken an das SWIFT-System angeschlos­sen.

Diesmal beteiligt sich die EU nicht an den Sanktionen. Doch in den USA wird enormer Druck auf SWIFT ausgeübt. Offen droht das Weiße Haus damit, ein Verfahren gegen die 25 Mitglieder des SWIFT-Vorstandes einzuleite­n. Viele dieser Personen sind hochrangig­e Mitarbeite­r von Großbanken, die enge geschäftli­che Beziehunge­n in die USA unterhalte­n.

In Irak hat derweil das alte Hawala-System wieder Auftrieb, bei dem die Zahlungen über Vertrauens­leute abgewickel­t werden. Die Regierung hat auch bereits klar gestellt, dass sie dagegen nichts unternehme­n will, zumindest im Moment. »Irak macht eine schwierige Zeit durch«, sagt Minister al Jumaili: »Wir müssen einen Teil des Landes wiederaufb­auen und haben eine sehr schwierige Regierungs­bildung vor uns. Den USA muss bewusst sein, dass es gefährlich ist, unsere Wirtschaft zu destabilis­ieren.«

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