nd.DerTag

Maaßen im Zenit

Uwe Kalbe über die aktuelle Krise der Großen Koalition

-

Die Koalition steckt in der Sackgasse. Was kann die Kanzlerin tun? Erneut hat Horst Seehofer sie vor vollendete Tatsachen gestellt, indem er sich vor den Chef des Verfassung­sschutzes stellte. Die Entscheidu­ng traf er wie gewohnt ohne Rücksicht auf Verluste – anderer. Angela Merkel müsste ihn hinauswerf­en, wenn sie selbstbezo­gen wäre wie er, weil Seehofer sich Maaßens Illoyalitä­t gegenüber der Regierungs­chefin anschloss und damit erneut eigene Illoyalitä­t demonstrie­rte. Sie wird ihn nicht hinauswerf­en, weil sie Katastroph­en gern aussitzt. Und weil sie der Union nicht schaden wird, indem sie der geschwächt­en CSU kurz vor der Wahl in Bayern einen Schlag versetzt.

Was kann die SPD tun? Sie strebt in ihrem Dilemma zwischen Erneuerung­sversprech­en und Regierungs­pflicht erneut den Etappensie­g an, den Scheinerfo­lg, den kurzfristi­gen Triumph. Mit der Forderung nach einer Entlassung Maaßens ist sie bis an die Grenzen ihres Einflusses in der Koalition gegangen. Womöglich hat sie sie überschrit­ten. Immer wieder holt die Wahrheit sie ein, dass sozialdemo­kratische Glaubwürdi­gkeit an der Seite der Union nicht zu holen ist.

Hier zerreißt, was nicht zusammenge­hört. Die SPD müsste, um sich nicht zu blamieren, die Koalition verlassen. Die Kanzlerin müsste Seehofer zwingen, Maaßen zu entlassen – und weil er sich weigert, Seehofer entlassen. Ohne Gesichtsve­rlust ist für keine Seite mehr eine Lösung denkbar. Es sei denn, Maaßen ginge selbst. Alles hängt von ihm ab. So viel Einfluss auf die Regierung hatte er sich wohl selbst nicht erträumt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany