Ungarn unter EU-Kritik
Novum in der EU-Geschichte
Das Europaparlament hat die Anwendung von Artikel 7 der EU-Verträge gegen Ungarn empfohlen. Das könnte zum Entzug der Stimmrechte von Budapest führen. Es ist das erste Mal, dass das Europaparlament einen Prozess dieser Art gegen ein Land einleitet, dessen Regierung ein Abdriften ins Autoritäre zeigt.
SME, Slowakei Orbáns Mutation
Die Europaparlamentarier haben Ministerpräsident Orbáns Mutation einer an die Bedürfnisse eines Autokraten angepassten Demokratie abgelehnt. Sie haben begriffen, dass es ein grundsätzliches Versagen und zugleich grünes Licht für weitere europäische Autokraten bedeutet hätte, wenn sie jetzt nicht für die Bürger- und Menschenrechte aller Ungarn aufgestanden wären.
Magyar Idök, Ungarn Ehrlose Halunken
Bei den Europawahlen werden wir all diese ehrlosen Halunken aus den Europäischen Institutionen hinausschmeißen und die Demokratie wiederherstellen. Wir werden Allianzen mit unseren Freunden eingehen und im nächsten Europaparlament die größte Fraktion bilden. Die Fraktion der Normalen. Dafür besteht derzeit der größte Bedarf.
Nepszawa, Ungarn
Budapest legt Rechtsmittel ein
Die Regierungspartei Fidesz, in der Ministerpräsident Orbán das Sagen hat, ignoriert das Abstimmungsergebnis im Europaparlament. Ungarn wird nun wohl alle möglichen Rechtsmittel gegen jegliche Sanktionen aktivieren, und das dürfte die zuständigen EU-Institutionen über Jahre hinaus beschäftigen.
Gazeta, Russland
Sanktionen greifen nicht sofort
Man muss bedenken, dass die Entscheidung des Europaparlaments weder sofortige Einschränkungen für Ungarn noch einen unmittelbaren Stimmrechtsentzug in der Europäischen Union nach sich ziehen wird. Dafür braucht es die Zustimmung aller Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.
Rzeczpospolita, Polen
EU erneut am Scheideweg
Die EU befindet sich erneut an einem Scheideweg. Davon zeugt das gespaltene Abstimmungsverhalten innerhalb der konservativen Europäischen Volkspartei. Nach langem Zögern sprach sich EVP-Fraktionschef Manfred Weber, den die deutsche Bundeskanzlerin Merkel als Kandidaten für die Nachfolge von Kommissionspräsident Juncker unterstützt, für Sanktionen gegen Ungarn aus. Nun wird es ihm schwerfallen, Orbáns Fidesz-Partei in der EVP zu halten. Wenn Fidesz aber aus der EVP fliegt, sinken Webers Chancen, im nächsten Jahr das Steuer der Exekutive in der EU zu übernehmen.
The Times, Großbritannien Brücken niedergebrannt
Budapest und Warschau werten das als Konflikt zwischen Regelgebern in Paris und Berlin und kleineren Ländern, die diese Regeln zu befolgen haben. EU-Kommissionspräsident Juncker hätte zwischen diesen Positionen Brücken bauen sollen. Stattdessen hat er sie niedergebrannt. Er scheint zu glauben, er könne Europa zu einer multilateralen Vision und einem alternativen Wertesystem als Gegengewicht zur Trump-Administration in den USA führen. Das Ergebnis ist, dass er die Kommission in eine Sackgasse führt und die westliche Allianz untergräbt.
El Periodico de Catalunya, Spanien
Der Appell kam zu spät
Die Rede Junckers vor dem EU-Parlament war in erster Linie ein Appell. Die Zeit der europäischen Souveränität sei gekommen, erklärte er und forderte die Mitgliedstaaten auf, ihre Spaltung zu überwinden. Dieser Aufruf kam freilich etwas spät und er erfolgte zu einem Zeitpunkt einer tiefen Krise der Union. Die einzelnen Mitglieder sind immer sehr zögerlich, wenn es darum geht, Kompetenzen abzutreten, und in manchen Fällen gibt es sogar Bestrebungen, Errungenschaften wieder rückgängig zu machen.