Frieden sichern im Baltikum
Kanzlerin Merkel unterstreicht sicherheitspolitische Verantwortung Deutschlands
Beim Besuch von Kanzlerin Angela Merkel in Litauen standen europapolitische sowie sicherheitspolitische Themen im Vordergrund. Bundeskanzlerin Angela Merkel besuchte am Donnerstag Litauen. Offizieller Anlass ist die hundertjährige Unabhängigkeit, die die baltische Republik in diesem Jahr feiert. Im Mittelpunkt des Kurzbesuchs standen Gespräche mit der der litauischen Präsidentin Dalia Grybauskaitė sowie ein Treffen mit dem lettischen Ministerpräsidenten Māris Kučinskis und seinem estnischen Amtskollegen, Jüri Ratas.
In der gemeinsamen Pressekonferenz forderte Grybauskaitė, Europa solle mehr Verantwortung für die eigene Sicherheit und eine globale Führungsrolle übernehmen. »Deutschland und Frau Bundeskanzlerin sind sich dieser Führungsrolle bewusst. Von ihnen ist unsere Zukunft abhängig.»
Tatsächlich hat die sicherheitspolitische Bedeutung der Bundesrepublik im Baltikum deutlich zugenommen. Deutschland beteiligt sich als »Rahmennation« mit 550 Soldaten an der NATO-Beistandsinitiative »Enhanced Forward Presence«. Diese wurde als Reaktion auf die Krise in der Ukraine auf einem Gipfeltreffen des Militärbündnisses im Juli 2016 beschlossen und dient nach eigenen Angaben zur Abschreckung gegenüber Russland. Deutschland führt einen in Litauen stationierten multi- nationalen Gefechtsverband an und ist gemeinsam mit Belgien in den nächsten acht Monaten für die Luftraumüberwachung (»Air Policing«) im Baltikum verantwortlich.
Merkel bekräftigte die Notwendigkeit, die militärische Präsenz der NATO im Baltikum zu stärken. Nach den Erfahrungen mit der Ukraine sei es richtig gewesen, sich stärker auf die Bündnisverteidigung zu konzentrieren. Zugleich sprach sie sich gegen die Aufhebung der Russland-Sanktionen aus. »Bevor wir keine Fortschritte beim Minsker Abkommen sehen, kann nicht darüber gesprochen werden, dass die Sanktionen aufgehoben werden«, sagte Merkel nach dem gemeinsamen Treffen mit den Staatsund Regierungschefs Litauens, Lettlands und Estlands in Vilnius.
Ein weiteres Thema des Besuchs waren die engen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und dem Baltikum. Die Präsenz deutscher Unternehmen in Litauen stehe dafür, so Merkel, »dass junge Menschen gerade in Litauen durch gute berufliche Ausbildung eine Chance haben, ihr Leben in diesem Lande zu gestalten.«
Gerade junge, gut ausgebildete Menschen sehen ihre Zukunft jedoch oft außerhalb Litauens. Genauso wie die anderen baltischen Staaten ist das Land von massiver Abwanderung geprägt. Im Jahr 1990 lag die Einwohnerzahl des Landes bei knapp 3,7 Millionen Menschen. 16 Jahre später ist sie auf 2,8 Millionen zurückgegangen. Seit dem EU-Beitritt hat sich diese Entwicklung noch einmal beschleunigt. Der Hauptgrund für die Auswanderung ist die desolate ökonomische Lage. Im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise verzeichnete das Land einen krisenbedingten Einbruch des Bruttoinlandsproduktes von fast 15 Prozent. Bis heute hat die litauische Wirtschaft ihr Vorkrisenniveau noch nicht erreicht. Trotz massiver Proteste antwortete die Regierung mit einem Austeritätsprogramm. Krankenhäuser wurden geschlossen. Der Durchschnittslohn liegt nur bei 838 Euro im Monat. Obwohl Geld gekürzt wird, sind die Rüstungsausgaben nach Angaben des schwedischen Konfliktforschungsinstitutes SIPRI im Jahr 2017 mit 1,7 Prozent des BIP mit die höchsten in der gesamten EU. Tendenz steigend.