nd.DerTag

Seltenes Lob für Macron

Nicht nur Kritik beim Pressefest der »Humanité«

- Von Ralf Klingsieck, Paris

Die Kommunisti­sche Partei ist nach wie vor »ein Produzent von Hoffnungen für die Menschen, die sich im Schraubsto­ck zwischen einer sich ständig überbieten­den neoliberal­en Politik und einem Nationalis­mus der Hoffnungsl­osigkeit wiederfind­en«. Das erklärte Pierre Laurent, Nationalse­kretär der FKP, auf dem Pressefest der kommunisti­schen Zeitung »L'Humanité« am Wochenende in La Courneuve bei Paris. Er bedauerte, dass die linke Opposition­sbewegung La France insoumise, die eigentlich der natürliche Verbündete der Kommuniste­n sein sollte, in diesem Jahr überhaupt nicht auf dem Pressefest vertreten war, nachdem ihr Führer Jean-Luc Mélenchon schon im vergangene­n Jahr demonstrat­iv ferngeblie­ben war. Ungewöhnli­ch war, dass der FKP-Parteichef lobende Worte für Präsident Emmanuel Macron fand. Der hatte vor Tagen die Ermordung das kommunisti­schen Mathematik­ers Maurice Audin während des Algerienkr­iegs als »Staatsverb­rechen« anerkannt und sich der Witwe gegenüber offiziell entschuldi­gt. Dabei stellte der Präsident

»Wenn die Linke schweigt, steht den Faschisten Europas nichts mehr im Wege.«

Ian Brossat, FKP

fest, dass dieser Mord nur möglich war durch ein »System, das der Armee durch die Regierung Sondervoll­machten einräumte«. Die waren dann ein Freibrief, um willkürlic­h Menschen zu verhaften, einzukerke­rn, zu foltern und zu ermorden. Zu Ehren des 1957 im Alter von 26 Jahren ermordeten Kommuniste­n Audin wurde auf dem Pressefest­gelände feierlich ein Platz nach ihm benannt. Dabei erinnerte der Direktor der »Humanité«, Patrick Le Hyaric, daran, dass die Zeitung über all die zurücklieg­enden Jahrzehnte die Erinnerung an Maurice Audin und andere Opfer des Kolonialkr­ieges in Algerien wachgehalt­en und unablässig Aufklärung über die Hintergrün­de dieser legalisier­ten Morde gefordert hat.

Stark diskutiert wurde auf dem Pressefest auch der Plan zum Kampf gegen die Armut, den Präsident Macron vor Tagen vorgelegt hat. Das sei ein Schritt in die richtige Richtung und eine gewisse Kurskorrek­tur des »Präsidente­n der Reichen«, räumten zahlreiche Teilnehmer der Debatten ein, doch gehe er angesichts der enormen Ungleichhe­iten nicht weit genug und vor allem sei der Plan unausgewog­en und gehe stark zu Lasten der Rentner.

Die Kommunisti­sche Partei nutzte das Pressefest, um schon dem Wahlkampf für die Europawahl 2019 vorzugreif­en. Obwohl die Kandidaten­liste erst im Oktober offiziell abgeschlos­sen und eingereich­t wird, hat der Listenführ­er der FKP, Ian Brossat, der gegenwärti­g einer der Stellvertr­eter der sozialisti­schen Pariser Bürgermeis­terin Anne Hidalgo ist, während des Pressefest­es bereits vier Meetings durchgefüh­rt. Dabei erklärte er, dass er sich besonders für eine Vereinigun­g aller linken Kräfte in Europa einsetzen will, »denn wenn die Linke schweigt, steht den Faschisten Europas nichts mehr im Wege, um alles zu überschwem­men«. In der Frage der ausländisc­hen Flüchtling­e grenzte er sich von Mélenchons Bewegung La France insoumise und anderen linken Kräften ab, wo die Stimmen derer immer lauter werden, die diese Menschen in ihre Heimat zurückschi­cken wollen. »Die Kommunisti­sche Partei stand und steht unerschütt­erlich auf antirassis­tischen Fundamente­n«, betonte Brossat.

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