Staatsuni wirbt für Identitäre
Heft von Berufsakademie verharmlost Nazi-Gruppe
Die Berufsakademie Sachsen bietet laut ihrer Webseite ein »marktintegriertes Studium mit dem schnellsten Karrierestart« an. Neben dem Dualstudium versucht die staatliche Einrichtung auch auf anderen Wegen ihrem Bildungsauftrag nachzukommen, etwa über die Herausgabe der Zeitschrift »Wissen im Markt«. In dem jährlich erscheinenden Magazin sollen »wissenschaftliche Themen aus den verschiedenen Bereichen der Berufsakademie« angesprochen werden. In der aktuellen Ausgabe gibt es 16 Beiträge, darunter etwa »Systematisches Recruiting als Bestandteils eines integrierten Managements«. Der in der Zweigstelle Breitenbrunn der Berufsakademie tätige Professor Falk Tennert veröffentlichte jedoch einen Artikel, der heraussticht: »Die Identitäre Bewegung als politischer Entrepreneur«.
Hätte der Kommunikationswissenschaftler Tennert nun eine kritische Abhandlung über die ja tatsächlichen modernen Inszenierungsstrategien der extrem rechten Organisation verfasst, wäre dies wohl auch kein Problem gewesen. Sein Text liest sich jedoch wie eine verharmlosende Lobesrede auf die Gruppe, deren Mitglieder erst jüngst wieder in Chemnitz Seite an Seite mit AfD und Hooligans aufmarschierten. Selbst der sächsische Verfassungsschutz beobachtet die »IB«.
Tennert nennt in seinem Artikel die Gruppe dagegen eine »aktionistische Jugendbewegung«, die »politische und kulturelle Ange- Juliane Nagel, LINKE bote für jene Europäer (schafft), die vom politischen Establishment vergessen worden sind: Die Jugend ohne Migrationshintergrund«. Für Tennert ist die »IB« damit im »konservativen Bereich« verortet. Mittels »Antimigrationskampagnen« würde sie das »Nichthandeln respektive rechtswidrige Handeln der deutschen wie österreichischen Regierung« kritisieren. Der Wissenschaftler beanstandet eine »überwiegend einseitige Berichterstattung« zum Thema Migration und benutzt neurechte Formulierungen wie »Meta-Politik«. Kritische Distanz und Einordnung sind nicht zu erkennen.
Offenbar ist Tennert auch an der Berufsakademie umstritten. In einer »nd« vorliegenden E-Mail eines anonymen Studenten heißt es: »Der Text war kein Ausrutscher. Dieser Mann ist Anhänger der ›IB‹ und nutzt seinen Titel, um Werbung für diese zu machen. In der Berufsakademie Breitenbrunn ist Tennert als diskriminierend, sexistisch und rassistisch bekannt.«
Mittlerweile wurde die aktuelle Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift von der Webseite der Berufsakademie entfernt. Professor Andreas Hänsel, Präsident der Berufsakademie Sachsen, erklärte gegenüber der sächsischen Landtagsabgeordneten Juliane Nagel (LINKE), dass man das Heft zurückziehe und die Publikation Folgen nach sich ziehen werde.
»Es ist gut, dass die Herausgeber schnell Konsequenzen gezogen haben«, sagte Nagel zu »nd«. »Ich erwarte aber, dass es im Hinblick auf den Autor und dessen scheinbarer Zuneigung zur ›IB‹ nicht dabei bleibt.« Dass die Organisation in einer Publikation der Berufsakademie »unkritisch, ja glorifizierend«, dargestellt wurde, zeige, wie weit völkische Einstellungen in der Gesellschaft vorhanden sind. Nagel betont: »Wissenschaft hat gerade in diesen Zeiten Verantwortung, Demokratie und Menschenrechte zu verteidigen.«