Tee trinken und solidarisch sein
Die französische Kooperative Scop Ti produziert fairen Tee
Einst produzierten sie für Unilever, seit vier Jahren in eigener Regie – die Teerebell*innen im südfranzösischen Gémenos bei Marseille.
Von Peter Nowak
1336 – die Zahl steht auf allen Packungen der unterschiedlichen Teesorten der südfranzösischen Kooperative Scop Ti. Die Zahl hat eine besondere Bedeutung. Sie soll an die Fabrikbesetzung erinnern, die 1336 Tage dauerte. Nun will die Kooperative ein Vertriebssystem mit anderen Ländern aufbauen. Mehr als drei Jahre hatten die Beschäftigten in der Gemeinde Gémenos im Arrondissement Marseille gegen den Unilever-Konzern gekämpft und die Produktion schließlich selbst übernommen.
Im Jahr 2011 wollte Unilever die Produktionsstätte der bekannten Teemarke Lipton Elephant von Frankreich nach Polen verlagern. Aber der Konzern hatte die Rechnung ohne die Arbeiter*innen gemacht. Die besetzten die Fabrik und forderten die Rücknahme des Schließungsbeschlusses. Zunächst wurden sie vom Management und der französischen Politik belächelt. Doch nach 1336 Tagen waren es die Arbeiter*innen, die lachen konnten: Der Konzern gab nach – und zahlte den Rebell*innen mehrere Millionen Euro. »Nach fast vier Jahren Konflikt musste man einen Ausweg finden, damit beide Seiten ihren Weg unabhängig voneinander fortsetzen können«, begründete Unilever Frankreich die Einigung. Die Belegschaft konnte in Eigenregie weiter produzieren und bekam von Unilever eine Starthilfe von 20 Millionen Euro für die Gründung einer Genossenschaft.
Die neu gegründete Kooperative Scop Ti produziert verschiedene biologisch und regional angebaute Teesorten. Den alten Namen Lipton Elephant durften sie nicht mehr benutzen. Heute sehen das die Beschäftigten positiv. Denn die 1336 erinnert immer an die Kämpfe, die dafür sorgten, dass es den Tee heute überhaupt noch gibt.
Auch in der Fabrik ist die rebellische Vergangenheit gut dokumentiert. Ein großes Konterfei von Che Guevara fällt den Besucher*innen im Fabrikhof sofort ins Auge. An den Fenstern hängen Plakate, die zu aktuellen Arbeitskämpfen mobilisieren. In den Betriebsräumen hat nach den aufreibenden Kämpfen und rauschenden Siegesfeiern der nicht immer einfache Alltag einer selbstverwalteten Fabrik in einem kapitalistischen Umfeld Einzug gehalten. Scop Ti muss sich auch ohne Chef am Markt behaupten. Für die Beschäftigten bedeutet das zuweilen Sonderschichten. Immer wieder mal gibt es auch technische Probleme. »Und die müssen wir selber lösen«, sagt Henri Soler mit Stolz in der Stimme. Der Fünfzigjährige hält auch nach dem Ende der Besetzung