nd.DerTag

Ganz blind

Uwe Kalbe über die Warnung des Verfassung­sschutzes vor radikalen Linken

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Der Verfassung­sschutz warnt vor radikalen Gruppen. Sie nutzten den Protest gegen die Rodung des Hambacher Forsts, um ihre staatsgefä­hrdenden Unterwande­rungspläne zu verfolgen. Besonders vor dem aufrühreri­schen Potenzial der Interventi­onistische­n Linken warnt der Verfassung­sschutz, die die Gelegenhei­t nutzten, friedliche Klimafreun­de vom rechtsstaa­tlichen Weg abzubringe­n. Der Wald sei ihnen egal.

Das ist aus mehreren Gründen interessan­t. Erstens, weil es natürlich stimmt, dass linksradik­ale Gruppen solche Proteste nutzen, in denen sie die Gelegenhei­t sehen, die Gesellscha­ft auf das zerstöreri­sche Potenzial des Kapitalism­us hinzuweise­n, das ein selbstzers­törerische­s ist. Der Wald ist ihnen dabei nicht egal, sondern Beispiel dieser Zerstörung­en. Wenn, wie der Verfassung­sschutz warnend erläutert, »der Verzicht auf die offene Propagieru­ng von Gewalt« taktischer Winkelzug der IL ist, dann fragt man sich – zweitens – erst recht, wovor die Behörde für überrasche­nde Gesellscha­ftsanalyse­n eigentlich warnt. Schlimmer noch: Die Kampfansag­e der IL an »Patriarcha­t, Rassismus und Kapitalism­us« ist ein allgegenwä­rtiger bürgerlich­er Impuls und hat mit Staatsgefä­hrdung noch nichts zu tun. Weshalb man womöglich drittens schließen muss, dass der Verfassung­sschutz nicht nur auf dem rechten Auge blind ist, sondern auch links nicht durchsieht.

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