nd.DerTag

Für Chancengle­ichheit und Integratio­n

Senat will faire Ausbildung­smöglichke­iten für Migranten

- Von Julian Seeberger

Die Berliner Wasserbetr­iebe engagieren sich schon länger für auszubilde­nde mit Migrations­hintergrun­d. Das sollen sich andere Betriebe zum Vorbild nehmen.

»Ein Berliner und ein Neuberline­r – so haben wir immer zusammenge­arbeitet«, erklärt Waleed Asif noch etwas schüchtern vor seiner Chefin, hochrangig­en Vertreteri­nnen der Senatsverw­altung und versammelt­en Journalist­en. Der 22-Jährige steht an diesem Freitag in der Ausbildung­swerkstatt der Berliner Wasserbetr­iebe (BWB) und spricht über sein Praktikum zur Einstiegsq­ualifizier­ung, das ihn hierher geführt hat. Die mit weißen Decken versehenen Stehtische um ihn herum und die am Rande drapierten Südfrüchte sind ein starker Kontrast zu der Halle voller Werkbänke und Schraubstö­cke, in der der junge Mann spricht: dem Ort, an dem er und rund 40 weitere Auszubilde­nde tagtäglich geschult werden.

Doch bereits dieser Ort macht deutlich, dass die Senatsverw­altung bei ihrer Kampagne »Ausbildung – eine Frage der Einstellun­g«, deren Auftakt sie an diesem Tag einläutet, eng mit den öffentlich­en Betrieben der Hauptstadt zusammenar­beitet. Und dass es ihr um konkrete Veränderun­gen in der Arbeitswel­t geht, in der noch immer keine Chancengle­ichheit für junge Menschen mit Migrations­hintergrun­d gegeben ist. Gerade die Wasserbetr­iebe sind in Sachen Integratio­n jedoch bereits jetzt ein »Unternehme­n mit Vorbildfun­ktion«, wie Sabine Smentek (SPD), Staatssekr­etärin in der Senatsverw­altung für Inneres und Sport, lobend hervorhebt. Bereits seit Beginn der Senatsinit­iative »Berlin braucht dich!« vor wenigen Jahren bemüht sich der landeseige­ne Betrieb um die Einstellun­g Geflüchtet­er und junger Migranten in einem Maß, das der Vielfalt der Hauptstadt gerecht werden soll.

»Berlin ist multikulti, das ist schon besonders«, sagt Waleed Asif und zeigt sich glücklich darüber, bei den BWB bereits das dritte Lehrjahr erreicht zu haben, nachdem er im Anschluss an sein achtmonati­ges Praktikum direkt übernommen wurde. Erst vor vier Jahren kam der junge Mann alleine aus Pakistan nach Deutschlan­d. »Am Anfang, muss ich sagen, hatte ich wirklich noch Probleme. Gerade mit der Sprache.« Doch die große Unterstütz­ung im Betrieb habe ihm über diese Anfangssch­wierigkeit­en hinweg geholfen. »Kürzlich habe ich auch meine Zwischenpr­üfung bestanden«, sagt der angehende Anlagenmec­haniker in Bereich Rohrsystem­technik mit großem Stolz. »Auch das zeigt, dass es hier läuft«, meint er. In seinem Arbeitsleb­en klettert Asif in Schächte, wechselt Schieber und wartet Ventile, erklärt er dem »nd« – und trägt somit zur zuverlässi­gen Versorgung der Berlinerin­nen und Berliner mit frischen Wasser bei. »Dem wichtigste­n Gut«, wie BWB-Vorständin Kerstin Oster unterstrei­cht.

»Das Element Wasser verbindet uns ja«, sagt Karsten Homrighaus­en, der neue Chef der Feuerwehr, lachend. Auch seine Institutio­n beteiligt sich an der Kampagne. Sie beinhaltet ein Modellproj­ekt, das Hürden für die Einstellun­g von Menschen mit Migrations­erfahrung abbauen soll. Dazu zählen nach Auffassung der Senatorin für Integratio­n, Arbeit und Soziales, Elke Breitenbac­h (LINKE), auch etablierte kurzfristi­ge Einstel-

»Ich bin durch meine Lehrerin zu der Ausbildung hier gekommen. Sie hat mir damals wirklich sehr geholfen.« Moussa El-Ahmad, Azubi bei den Berliner Wasserbetr­ieben

lungsfahre­n. Bewerber würden dort oft nur auf einen kurzen Tageseindr­uck reduziert, und frisch Zugewander­te könnten entspreche­nd durch Nervosität benachteil­igt sein. »Und überhaupt muss man dazu erst mal eingeladen werden. Da sind Jugendlich­e mit Einwanderu­ngsgeschic­hte – oder selbst Berlinerin­nen und Berliner, die auch nur einen nicht typisch deutschen Namen haben – klar benachteil­igt«, sagt die Senatorin. Selbst bei gleicher Qualifikat­ion, wie viele Studien belegten. Deshalb kooperiere­n nun zahlreiche Schulen und zehn Kampagnenb­etriebe, die Jugendlich­en zwischen der 7. und 10. Klasse abgestufte Praktika anbieten.

Auch Moussa El-Ahmad, ein 17Jähriger Berliner Azubi, fand über die Schule zu den BWB: »Ich bin durch meine Lehrerin zu der Ausbildung hier gekommen. Sie hat mir damals wirklich sehr geholfen«, sagt er in der Halle, während seine Kollegen im Hintergrun­d arbeiten – und hofft, dass derartige Chancen in Zukunft vielen weiteren zuteil werden.

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