nd.DerTag

50 Jahre Knastzeitu­ng

»der lichtblick« ist unzensiert und unbequem

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Die im Gefängnis Tegel produziert­e Zeitschrif­t »der lichtblick« informiert seit 50 Jahren über den Knastallta­g. Sie rechne nicht damit, dass die Themen ausgehen, schreibt die Redaktions­gemeinscha­ft in der Jubiläumsa­usgabe. Es bleibe Aufgabe, auf Missstände hinzuweise­n. Nach Angaben der Justizverw­altung ist es bundesweit einmalig, dass eine Gefangenen­zeitung nicht zensiert wird.

Am 25. Oktober 1968 erschien die erste Ausgabe. Heute ist es die bundesweit auflagenst­ärkste Gefangenen­zeitung mit mehr als 8000 Exemplaren. »der lichtblick« erscheint mindestens viermal im Jahr. Es geht um den Gefängnisa­lltag, Rechtspoli­tik, Resozialis­ierung und Strukturpr­obleme im Vollzug. Die Redakteure sind Strafgefan­gene im Männergefä­ngnis Tegel. Auch in anderen Gefängniss­en und im Ausland werden die Hefte gelesen.

Gefängnisl­eiter Martin Riemer notiert in seinem Grußwort im ak- tuellen Heft, der »lichtblick« habe sich durch seine Kritiken nicht nur Freunde gemacht, aber das sei auch nicht seine Aufgabe. Er sei stolz auf die Zeitung, so Riemer. Noch heute müsse er anderswo erklären, dass unzensiert auch unzensiert bedeute. Das Heft sei ein Sprachrohr für die Belange der Gefangenen und blicke über die Mauern von Tegel hinaus. Aus dem Experiment von damals sei eine Institutio­n geworden.

Der Vorsitzend­e der Vereinigun­g Berliner Staatsanwä­lte, Ralph Knispel, bescheinig­t der Redaktion in seinem Gastbeitra­g, das teilweise unbekannte Innenleben der Anstalt widerzuspi­egeln. Dies verfolge die Staatsanwa­ltschaft mit Interesse. Bei seinem Treffen mit der Redaktion sei die Kommunikat­ion zugewandt und von Selbstmitl­eid frei gewesen, schreibt Knispel. Der Oberstaats­anwalt dürfte bei so manchem Verurteilt­en der Ankläger gewesen sein.

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