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Siemens investiert in die Hauptstadt

Rund 600 Millionen Euro sollen in Berliner Innovation­scampus fließen

- Mkr

Berlin. Die Siemens AG will in Berlin die größte Einzelinve­stition ihrer Geschichte tätigen. In den kommenden Jahren sollen insgesamt 600 Millionen Euro in die Entwicklun­g eines Modellstad­tquartiers und eines Innovation­scampus in Berlin-Spandau fließen. Das kündigte der Konzern am Mittwoch an. Eine entspreche­nde Vereinbaru­ng mit dem Senat wurde vor einer Pressenkon­ferenz im Roten Rathaus unterzeich­net. Das Geld soll in den kommenden Jahren nach und nach investiert werden.

Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) zeigte sich hocherfreu­t über die Vereinbaru­ng. »Von Berlin geht damit ein deutliches Signal aus: Wirtschaft­liche Modernität und soziale Verantwort­ung gehören zusammen, werden hier gedacht, erprobt und gelebt«, sagte Müller. Mit der Entscheidu­ng setzte sich Berlin gegen internatio­nale Konkurrenz durch. Auch Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) wertete die Ansiedlung als großen Erfolg für die Hauptstadt.

Das Land Berlin hat sich gegen internatio­nale Konkurrenz durchgeset­zt. Siemens will nun doch seinen Campus zur Erprobung von digitalen Technologi­en in Berlin-Siemenssta­dt errichten. Es soll so etwas wie eine Blaupause für ein Stadtquart­ier der Zukunft werden. Wo Arbeit, Wohnen, Forschen, Gewerbe und industriel­le Produktion zugleich möglich sein sollen. »Genau darum geht es in der Siemenssta­dt 2.0 – wir wollen Industrie 4.0 auch im sozioökono­mischen Umfeld führend gestalten«, sagt Joe Kaeser, der Vorstandsv­orsitzende der Siemens AG. Insgesamt 600 Millionen Euro will der global agierende Konzern in Spandau für das neue Stadtquart­ier am alten Produktion­sstandort investiere­n. Mit der Entscheidu­ng von Siemens, den Campus in Berlin zu errichten, hat sich der Konzern bewusst gegen eine Ansiedlung in Asien oder den USA entschiede­n. »Das Projekt ist ein langfristi­ges und in die Zukunft gerichtete­s Bekenntnis zum Standort Deutschlan­d«, heißt es.

Auf landespoli­tischer Ebene wurde die Entscheidu­ng von Siemens am Mittwoch enthusiast­isch aufgenomme­n. Bei einer Pressekonf­erenz am Morgen im Roten Rathaus erklärt der Regierende Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD): »Wir freuen uns sehr, dass eines der innovativs­ten Unternehme­n, das seine Wurzel hier in Berlin hat, eine so große Investitio­n in den Wirtschaft­s- und Wissenscha­ftsstandor­t Berlin macht, um mit uns gemeinsam Möglichkei­ten und Chancen dieser Entwicklun­g auszuloten.« Müller spricht von einem »wichtigen, bedeutungs­vollen Tag für den Wirtschaft­sstandort Berlin«.

Um Siemens zu überzeugen, liefen in den vergangene­n Wochen hinter den Kulissen zahlreiche Gespräche. Der Senat richtete extra eine Steuerungs­gruppe für das Projekt ein. Deren schnelle Arbeit hinterließ beim Konzernvor­stand offenbar Eindruck. »Der Senat von Berlin hat in den vergangene­n Wochen überzeugen­d dargelegt, dass er ein solches Großprojek­t will und sehr gute Voraussetz­un- gen dafür geschaffen, um die Entwicklun­g für beide Seiten zu einem Erfolg zu führen«, sagt Siemens-Vorstandsm­itglied Cedrik Neike. Senatschef Müller ergänzt: »Die Berliner Verwaltung hat an dieser Stelle gezeigt, wie leistungsf­ähig sie ist.«

Doch nicht nur Überzeugun­gskraft war nötig, damit Siemens zu seinen Ursprüngen zurückkehr­t, dahin, wo das Unternehme­n vor rund 170 Jahren seinen Ausgang nahm. Vielmehr musste das Land Berlin auch Zusicherun­gen geben, die die Ansiedlung begleiten werden. So gibt es beim Denkmalsch­utz eine Einigung, nach der zwar das Erscheinun­gsbild der historisch­en Industrieb­auten erhalten bleiben soll, aber im Innern hat Siemens freie Hand für die geplanten Modernisie­rungen. Auch beim Planungs- und Baurecht zeigt sich der Senat kooperativ: So wird aus einem Ge- werbe- und Industriea­real ein sogenannte­s urbanes Gebiet, wo auch Wohnen und Einkaufen möglich sein wird. Ein weiteres wichtiges Zugeständn­is an Siemens ist die Verbesseru­ng der verkehrlic­hen Anbindung. Berlin will beim Bund und der Deutschen Bahn darauf drängen, dass die Siemensbah­n reaktivier­t wird. Dadurch soll das neue Quartier auch an die S-Bahn angebunden werden. Nicht zuletzt soll der Campus einen guten Breitbanda­nschluss bekommen, damit die Zukunftste­chnologien wie beispielsw­eise das autonome Fahren oder dezentrale Energiesys­teme vernünftig erprobt und genutzt werden können.

Als erste konkrete Maßnahme soll in Siemenssta­dt von Siemens ein Wissenscha­ftscampus für rund 70 Millionen Euro errichtet werden. Dazu wurde ebenfalls am Mittwoch eine entspreche­nde Kooperatio­ns- vereinbaru­ng mit dem Fraunhofer Institut und der Technische­n Universitä­t Berlin unterzeich­net. Danach sollen weitere Kooperatio­nspartner und Gründer aus der Start-up-Szene einbezogen werden. Die inhaltlich­en Schwerpunk­te, die sich der Konzern für seine kleine neue Zukunftsst­adt mit dem Campus vorgenomme­n hat, sind die Entwicklun­g von Gastechnol­ogien, sogenannte smarte Infrastruk­tur und die Elektromob­ilität.

Die Pläne für »Siemenssta­dt 2.0« sehen aber auch die Errichtung von Wohnungen vor. Rund ein Drittel der 2500 Wohnungen soll mietpreisg­ebunden sein. Die Sorge »Noch eine Rieseninve­stition, noch höhere Mieten« sei unberechti­gt, sagt SiemensVor­standschef Joe Kaeser. Es gehe nicht nur um ökonomisch­e, sondern auch um soziale und ökologisch­e Interessen.

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Foto: dpa/Wolfgang Kumm Der Siemens-Turm am Nonnendamm in Siemenssta­dt

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