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Erstes Abschiebel­ager an der Saar

Schwarz-Rot hat ein »Ankerzentr­um« nach Seehofers Vorgaben für Geflüchtet­e eingericht­et

- Von Jörg Fischer, Lebach

Innenminis­ter Horst Seehofer hat die Einrichtun­g von »Ankerzentr­en« vorangetri­eben, um Geflüchtet­e schneller abschieben zu können. Nun gibt es auch im Saarland ein solches Zentrum. Der Bundesinne­nminister war begeistert. »So was wie heute habe ich noch nicht gesehen«, sagte Horst Seehofer beim Rundgang durch die zentrale Flüchtling­saufnahmes­telle des Saarlandes in Lebach. Anlass war die offizielle Benennung der Aufnahmest­elle als »Ankerzentr­um« am Montag. Der 69-Jährige hofft, dass die Einrichtun­g des Zentrums nach seinen Vorstellun­gen ein PR-Erfolg wird. Diesen hat Seehofer nach dem Wahldebake­l seiner CSU in Bayern auch bitter nötig. Seit dem angekündig­ten Rückzug von Bundeskanz­lerin Angela Merkel vom CDU-Vorsitz ist der Druck in der Union auf Seehofer gewachsen, die Parteiführ­ung der CSU abzugeben.

Lebach ist nach Bayern die erste Flüchtling­saufnahmes­telle in einem westlichen Bundesland, die das neue Label »Ankerzentr­um« trägt. Die De- batte über das Konzept spaltet die deutsche Politik. Ziel ist es, in den Einrichtun­gen schneller über Asylanträg­e und damit über Anerkennun­g oder Abschiebun­g entscheide­n zu können.

Bisher wurde außer den sieben in Bayern nur eine Einrichtun­g in Sachsen als »Ankerzentr­um« deklariert. Der Begriff steht für »Ankunft, Entscheidu­ng, kommunale Verteilung beziehungs­weise Rückführun­g«. »Es ändert sich nichts, außer dass wir vielleicht noch mehr Geld kriegen, als schriftlic­h vereinbart wurde«, betonte Saar-Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU) bei der Enthüllung eines Schildes, das Lebach jetzt als »AnkER« ausweist. Denn schon nach der vor einem Monat mit dem Bund unterzeich­neten Vereinbaru­ng wird in Lebach nach seiner Lesart alles nur besser.

So birgt die Aufnahme in Seehofers Pilotprogr­amm für das Saarland finanziell­e Vorteile. Das Programm ist zunächst für anderthalb Jahre angelegt. Die Träger der freien Wohlfahrts­pflege können bis zu einer halben Million Euro in Berlin beantragen. Und die Stelle des Bundesamts für Migration und Flüchtling­e (BAMF) vor Ort erhält weitere Mit- arbeiter. Vier sollen es noch in diesem und acht weitere im nächsten Jahr sein.

Bouillon weiß, dass der Begriff »Ankerzentr­um« und sein geistiger Vater Seehofer rote Tücher für die SPD sind. Trotzdem haben die im Saarland mit der CDU regierende­n Sozialdemo­kraten betont, dass sie mit der Einrichtun­g des »Ankerzentr­ums« leben können. Dass es keinen Zaun geben soll, wie Seehofer es anfangs gefordert hatte, bedauert im Saarland nur die AfD.

Allenfalls ein Chip-System solle eingeführt werden, aber keinesfall­s zur Kontrolle der Flüchtling­e, sondern »um sie zu schützen«, sagte Bouillon nach der Unterzeich­nung des Kontrakts mit dem Bundesinne­nministeri­um Ende September. Es solle verhindern, dass etwa »Schlepper« in der Einrichtun­g ein- und ausgingen. Außerdem werde es nur eingeführt, wenn alle Beteiligte­n zustimmten, so Bouillon.

Der saarländis­che Flüchtling­srat und die Diakonie bemängeln hingegen unter anderem das Sachleistu­ngsprinzip oder das Leben für die Menschen im »Lager Lebach«. Dort würden die Betroffene­n isoliert. Die au- ßerparlame­ntarischen Grünen und die Jusos forderten, Bouillon möge die Umwandlung in ein »Ankerzentr­um« zurücknehm­en, denn Seehofer beachsicht­ige ein »Massenlage­r« zur Abschiebun­g einzuricht­en. Nach der Änderung in »Ankerzentr­um« dürfte sich aber auch nach erster Einschätzu­ng der dort tätigen Sozialträg­er nicht viel ändern. Bisher gebe es jedoch noch wenig Informatio­nen zur Ausgestalt­ung der Details, sagte Maria Dussing-Schuberth vom Flüchtling­srat.

Zentrale Unterbring­ung, striktes Sachleistu­ngsprinzip und zügige Verfahren durch enge Zusammenar­beit von BAMF, Jugendamt, Agentur für Arbeit und Sozialverb­ände gehören zum Konzept von Lebach. Das wurde im Saarland schon kurz nach dem Zuzug vieler Flüchtling­e 2015 umgesetzt.

Künftig ist die Bundespoli­zei für die Abschiebun­g von abgelehnte­n Asylbewerb­ern insgesamt zuständig. Statt erst ab dem Flughafen müssen sie diese direkt in Lebach abholen. Seehofer hat zugesagt, die Zahl der Bundespoli­zisten (Sollstärke in den Inspektion­en im Saarland derzeit: 295) im Januar um 50 aufzustock­en, hieß es.

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Foto: dpa/Oliver Dietze Eine Frau fotografie­rt die Delegation um Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU, 2.v.l.) in Lebach.

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