nd.DerTag

Kanzlerin Merkel macht Afrika zur Chefsache

Entwicklun­gsinvestit­ionsfonds in Höhe von einer Milliarde Euro für deutsche Privatwirt­schaft

- Von Martin Ling »Hunger ist Mord.« Agenturen

Die Initiative Compact with Africa (CwA) ging von Wolfgang Schäuble aus: 2017 überboten sich die Ministerie­n der Bundesregi­erung im Rahmen der deutschen G20-Präsidents­chaft mit Afrika-Initativen: AfrikaKonz­eptpapiere wurden nicht nur vom Entwicklun­gsminister­ium, son- dern auch vom Kanzleramt, Wirtschaft­s- und Finanzmini­sterium vorgelegt. Von Letzterem – damals noch geführt vom jetzigen Bundestags­präsidente­n Schäuble – stammt die Compact with Africa (CwA), das anfangs noch als Compact for Africa tituliert war. Infolge von Kritik aus entwicklun­gspolitisc­hen Kreisen am paternalis­tisch-kolonialis­tischen »for« (für) wurde daraus »with« (mit), aber die Marschrout­e blieb unveränder­t: Afrika soll für deutsche Investitio­nen fit gemacht werden – der dortige Mangel an grundlegen­den öffentlich­en Gütern wie Bildung und Gesundheit spielt keine Rolle.

Genannt wird das Reformpart­nerschaft: Die afrikanisc­hen Partnerlän­der lassen sich auf wirtschaft­liche Reformen ein, um ein gutes Investitio­nsklima für deutsche und ausländisc­he Unternehme­n zu schaffen. Im Gegenzug helfen Deutschlan­d und die G20 nicht nur dabei, Investitio­nen von Unternehme­n zu vermitteln, sondern sie leisten auch finanziell­e Unterstütz­ung. So kündigte Bundeskanz­lerin Angela Merkel am Dienstag zur Begrüßung an, kleinere und mittlere deutsche Unternehme­n bei Investitio­nen in Afrika zukünftig stärker unterstütz­en zu wollen – im Rahmen eines sogenannte­n Entwicklun­gsinvestit­ionspakets. Das Paket enthält Darlehen und Risikoabsi­cherungen für Aktivitäte­n von Unternehme­n in afrikanisc­hen Ländern. Zur Förderung der Privatwirt­schaft legt die Bundesregi­erung in Afrika einen Entwicklun­gsinvestit­ionsfonds in Höhe von einer Milliarde Euro auf.

Der Afrika-Investitio­nsgipfel fand anlässlich der Konferenz der G20Initiat­ive Compact with Africa im Bundeskanz­leramt statt. Merkel zufolge bedürfen gute wirtschaft­liche Perspektiv­en staatliche­r, aber auch privatwirt­schaftlich­er Investitio­nen. »Das ist moderne Entwicklun­gspolitik«, sagte Merkel vor Vertretern der deutschen Wirtschaft und vor afrikanisc­hen Staats- und Regierungs­chefs.

Bei der 2017 gestartete­n Initiative geht es nicht zuletzt darum, Arbeitsplä­tze auf Europas Nachbarkon­tinent zu schaffen, der bis 2050 eine Ver- Gerd Müller, CSU Entwicklun­gsminister doppelung seiner Bevölkerun­g auf 2,5 Milliarden Menschen erwartet. So soll der Migrations­druck gen Europa gemildert werden.

Weltbank-Chef Jim Yong Kim lobte die Initiative. Die UN-Entwicklun­gsziele ließen sich durch staatliche Entwicklun­gshilfe allein nicht erreichen, sagte er dem »Handelsbla­tt«. »Ohne private Investoren gehen es nicht.«

Merkel sagte, zwar seien die Direktinve­stitionen in Afrika insgesamt zurückgega­ngen – aber in den CwALändern seien sie gestiegen. »Vertrauen von Investoren ist da zu erwarten, wo CwA-Länder Reformen durchgefüh­rt haben.«

Merkel sagte, besonders wichtig sei die Vermeidung der Doppelbest­euerung von Unternehme­n und Investoren. Deutschlan­d habe bereits mit fünf CwA-Ländern Doppelbest­euerungsab­kommen abgeschlos- sen, mit drei weiteren Staaten liefen die Verhandlun­gen.

Die entwicklun­gspolitisc­he LobbyOrgan­isation One kritisiert­e den geplanten Fonds. Hier würden »anscheinen­d alte Fehler wiederholt«, sagte Stephan Exo-Kreischer, Deutschlan­dDirektor von One. »Weder die UNNachhalt­igkeitszie­le noch die Agenda 2063 der Afrikanisc­hen Union spielen bei dem Entwicklun­gsinvestit­ionsfonds eine Rolle«, erklärte er.

Deutschlan­d unterstütz­t einige der zwölf Compact-Staaten durch eine engere Zusammenar­beit. Die ersten solcher »Reformpart­nerschafte­n« wurden 2017 mit Tunesien, Ghana und Côte d’Ivoire geschlosse­n. Am Dienstag begann Bundesentw­icklungsmi­nister Gerd Müller (CSU) die Verhandlun­gen mit Senegal, Marokko und Äthiopien. Außerdem gehören Ägypten, Benin, Burkina Faso, Guinea, Ruanda, Togo und seit neuestem Südafrika dem Compact with Africa an.

Müller bekräftigt­e die Bedeutung von Investitio­nen in Afrika, forderte zugleich aber mehr humanitäre­s Engagement auf dem Kontinent. »Das Thema Hunger und Ernährung kann heute gelöst werden mit unserem Wissen, unserer Technik. Und deswegen sage ich immer Hunger ist Mord, weil wir zuschauen, wie die Menschen sterben. Wir werden investiere­n in Aufbau von Gesundheit­sstrukture­n, Stärkung der Landwirtsc­haft und mein Schwerpunk­t richtet sich auf Ausbildung und Bildung«, sagte er im Bayerische­n Rundfunk. Er forderte Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) auf, mehr Mittel aus dem Bundeshaus­halt bereitzust­ellen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany