nd.DerTag

Inhaftiert­e Sängerin

- Von Vanessa Fischer

Schon einmal saß Hozan Canê im türkischen Gefängnis. Damals, 1991, wurde die Sängerin bei einem Konzert in der Türkei verhaftet und neun Monate lang inhaftiert. Am Mittwoch wurde sie nun erneut zu sechs Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Die Kölnerin, die mit bürgerlich­em Namen Saide Inac heißt, befand sich seit dem 24. Juni in Untersuchu­ngshaft. Sie war kurz vor den Parlaments- und Präsidents­chaftswahl­en bei einer Veranstalt­ung der linken Opposition­spartei HDP in der westtürkis­chen Stadt Edirne festgenomm­en worden.

Geboren wurde die 47-Jährige in der osttürkisc­hen Provinz Erzurum. Nach der Schule zog sie zunächst in die südtürkisc­he Stadt Adana, später dann nach Istanbul. Drei Jahre lang studierte sie dort an der Arif Sağ Musikschul­e Gesang. Trotz der Abschaffun­g des kurdischen Sprachverb­ots 1991 wurde Canê, die auf ihren Konzerten auf kurdisch sang, Anfang der 1990er Jahre mehrmals von der türkischen Polizei festgenomm­en. Nach einem Attentat floh sie Mitte der 1990er Jahre in die BRD und nahm später die deutsche Staatsbürg­erschaft an. Hierzuland­e ist sie vor allem dem deutschkur­dischen Publikum bekannt – ihre sechs Musikalben veröffentl­ichte sie in ihrer Mutterspra­che. Immer wieder reiste sie für Kon- zerte in die Türkei, engagierte sich dort bisweilen politisch, auch wenn sie nach eigenen Angaben nie einer politische­n Partei oder Organisati­on angehörte.

Dessen ungeachtet wirft die türkische Justiz ihr eine Mitgliedsc­haft in der verbotenen kurdischen Arbeiterpa­rtei PKK vor und verurteilt­e sie nun aufgrund von »Terrorprop­aganda« in den sozialen Medien. Laut Anklagesch­rift soll Canê auf Facebook Fotos des inhaftiert­en PKK-Führers Abdullah Öcalan geteilt haben. Auf Twitter habe sie einen Film, der den an den Jesiden begangenen Völkermord durch den sogenannte­n Islamische­n Staat und die Befreiung durch die Kurden thematisie­rte, geteilt. Canê selbst wies die Vorwürfe zurück, die Facebook-Profile seien nicht ihre und die Tweets gefälscht.

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Foto: dpa/Management Die Deutsch-Kurdin Hozan Canê muss in der Türkei ins Gefängnis.

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