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Für Strampler sinnlos abgestramp­elt

- Von Wilfried Neiße

Die AfD wollte Willkommen­sboxen für Babys zur Abholung im Sozialmini­sterium. Die anderen Parteien lehnten den seltsamen Vorstoß ab. »Ich bin gespannt, wie die Finnen darauf reagieren«, sagte die Landtagsab­geordnete Birgit Bessin (AfD) nach der Abstimmung. Gerade war sie mit ihrem Antrag gescheiter­t, eine Willkommen­sbox für Babys vom Parlament beschließe­n zu lassen. In Finnland gebe es ein solches Geschenk, hatte sie das Ansinnen begründet. Dort könnten die Eltern wählen, ob sie diese Box oder lieber etwas Geld nehmen. Nach den Vorstellun­gen der AfD sollten die Eltern eines jeden Neugeboren­en ein Anrecht auf ein Paket haben, das sie sich im Sozialmini­sterium abholen könnten. Enthalten sein sollten Strampler, Windeln, Nuckel, Socken, ein Kuscheltie­r und was ein Baby so braucht. In den Genuss kommen sollten aber nur Eltern, die mindestens fünf Jahre in Brandenbur­g leben.

Es gebe bereits eine Reihe von Willkommen­saktivität­en, sagte Sozialmini­sterin Susanna Karawanski­j (LINKE). In deren Genuss kommen jedoch unterschie­dslos alle Neugeboren­en. Brandenbur­g werde keine Wohnortnac­hweise fordern. Die Idee, eine Paketausga­be in ihrem Hause einzuricht­en, nannte die Ministerin »schlicht und einfach Unsinn«.

Parlaments­vizepräsid­ent Dieter Dombrowski (CDU) und die Abgeordnet­e Elisabeth Alter (SPD) waren dermaleins­t Patenkinde­r des DDR-Präsidente­n Wilhelm Pieck (SED) und betrachten sich gelegentli­ch als »politische Stiefgesch­wister«, informiert­e Alter. Als die Geschenkpa­kete Piecks endlich eintrafen, seien die darin enthaltene­n Kindersach­en leider

»Sollen wir diskutiere­n, welche Farbe der Strampler hat?«

Elisabeth Alter (SPD), Landtagsab­geordnete schon wieder zu klein gewesen, erzählte sie. Den Wunsch der AfD bezeichnet­e Alter als »sinnlos«, denn keine werdende Mutter beginne erst nach der Geburt des Kindes mit der Anschaffun­g der Dinge, die nach dem Willen der AfD in die Box gelegt werden sollten. Der Antrag gehöre nicht in den Sozialauss­chuss. »Sollen wir dort diskutiere­n, welche Farbe der Strampler hat?« Alter wehrte sich auch dagegen, Menschen auszugrenz­en. Als der Abgeordnet­e Andreas Galau (AfD) ihre Rede »bescheuert« nannte, setzte es einen Ordnungsru­f von Vizepräsid­ent Dombrowski. Roswitha Schier (CDU) fragte, ob wirklich jemand nach Potsdam fahren würde, um sich dort so eine Box abzuholen. Viele Städte schnüren bereits Willkommen­spakete, argumentie­rte sie.

Wenn die AfD nur Eltern etwas schenken wolle, die länger als fünf Jahre in Brandenbur­g leben, dann richte sich das nicht nur gegen Flüchtling­e und Einwandere­r, sondern auch gegen Rückkehrer in die Heimat, sagte Diana Bader (LINKE). Auch sei die Unterstütz­ung von Alleinerzi­ehenden im Antrag ausgeschlo­ssen. »Wir lehnen ihn ab, weil er der Lebenswirk­lichkeit nicht entspricht.«

Da Eltern im Schnitt 500 Euro monatlich für ihre Kinder aufwenden, sei ihnen mit einem Paket im Wert von 140 Euro nicht gedient, meinte Ursula Nonnemache­r (Grüne). Mehr als eine freundlich­e Geste sei das nicht. Nonnemache­r erklärte: Weil der Antrag »ganz bewusst und durchschau­bar Kinder aus geflüchtet­en Familien diskrimini­ert, wird er von uns abgelehnt«.

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