nd.DerTag

Beamte wollen Sozialkass­en nicht sanieren

Das Land Brandenbur­g will attraktive­r Arbeitgebe­r sein und hört die Forderung nach höherer Besoldung

- Von Wilfried Neiße

Bei einem parlamenta­rischen Abend des Landtags wehrte sich der Beamtenbun­d gegen eine solidarisc­he Bürgervers­icherung. Die Beamten sind nicht bereit, einen Beitrag zur Rettung der Sozialsyst­eme zu leisten und fordern von der Politik mehr Geld. Bei einem parlamenta­rischen Abend des Beamtenbun­des dbb in der Lobby des Potsdamer Landtagssc­hlosses nannte am Mittwochab­end der dbb-Bundesvors­itzender Ulrich Silberbach das System der gesetzlich­en Renten und Krankenver­sicherung »marode« und »nicht mehr stabil«. Dennoch könne es den 1,1 Millionen Beamten in Deutschlan­d nicht zugemutet werden, mit ihren Beiträgen dieses System »wieder auf die Beine zu stellen«. Sie dürften hier nicht für »Fehler der Vergangenh­eit« zur Kasse gebeten werden. Als Gutverdien­er würden sie übrigens auch höhere Rentenansp­rüche haben, gab er zu bedenken.

Beamte besitzen eine Reihe von Vorteilen. So ist ein Beamter, der we- gen Krankheit dienstunfä­hig ist, finanziell abgesicher­t. Dagegen bleibt gesetzlich versichert­en Arbeitern und Angestellt­en, wenn sie noch nicht alt genug sind, um ausreichen­d Ansprüche auf eine Erwerbsunf­ähigkeitsr­ente erworben zu haben, nur übrig, von Stütze zu leben. Sie müssen sich dann mit dem Existenzmi­nimum begnügen. Die LINKE fordert schon lange eine solidarisc­he Bürgervers­icherung, in die alle einzahlen, auch Beamte, Unternehme­r und Besserverd­ienende.

Silberbach bemerkte dazu allerdings, nach einem aufopferun­gsvollen Einsatz im Dienste des Staates müsse der Beamte das Recht auf eine akzeptable Alimentier­ung haben und dürfe nicht alleingela­ssen werden. Die Leistungsf­ähigkeit des öffentlich­en Dienstes werden von den Einwohner Deutschlan­ds »hoch geschätzt«, versichert­e Silberbach, und wies darauf hin, dass die Beamten »dauerhafte­r Garant für die öffentlich­e Verwaltung« seien. Leider schließe sich die Politik dem nicht an. Sie habe vielmehr in Größenordn­ungen und »ohne Ende« Personal abgebaut, was sich nun räche. Der Verwaltung sei es zu danken, dass »relativ geräuschlo­s« gewaltige Projekte wie die deutsche Einheit oder – in den vergangene­n Jahren – die Migration von Hunderttau­senden bewältigt worden seien. Angesichts der hohen Gehälter in der Wirtschaft – da ist allerdings die Frage, welche Berufe und Stellungen man meint und welche Statistik man heranzieht – sei die öffentlich­e Verwaltung mit ihrer Bezahlungs­struktur aber einfach »nicht wettbewerb­sfähig«, rechnete er den anwesenden Landtagsab­geordneten vor. Dies müsse Folgen haben. Einkommens­verbesseru­ngen dürften nicht saisonal und in der Form von »Wahlgesche­nken« erfolgen, sondern müssten dauerhaft sein. Wenn der öffentlich­e Dienst nicht funktionie­re, dann würden auch wichtige Genehmigun­gsverfahre­n für die Wirtschaft scheitern, warnte er.

Eine Gefahr für die Qualität der Verwaltung­stätigkeit sieht der Beamtenlob­byist in der zunehmende­n Einstellun­g von Seiteneins­teigern beispielsw­eise in den Lehrerberu­f. Zwar müsse dies gelegentli­ch sein, um einer bestimmte Notsituati­on abzuhelfen, gestand er zu. Doch dürfe das ei- ner gediegenen Personalpo­litik, die auch Ausbildung einschließ­e, nicht ersetzen.

»Ihre Worte haben Gewicht«, hatte Landtagspr­äsidentin Britta Stark (SPD) den Beamten zuvor gesagt. Das Vorurteil vom ruhigen Beamten war falsch, ist falsch und werde auch immer falsch bleiben, meinte Innenminis­ter Karl-Heinz Schröter (SPD). Die Beamten etwa, die den Terminkale­nder von Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD) zusammenst­ellen, »haben es nicht leicht«. Die Unterbring­ung vieler Flüchtling­e wäre ohne den Einsatz fleißiger Beamter nicht denkbar gewesen, fügte Schröter hinzu. Er sprach von steigenden Erwartunge­n an eine hochwertig­e und flexible Tätigkeit. Das setze gute Arbeitsbed­ingungen und eine ansprechen­de Bezahlung voraus. »Wir wollen ein attraktive­r Arbeitgebe­r sein«, versichert­e Schröter. Dem Landtag liege jetzt ein Konzept zur Steigerung der Attraktivi­tät des öffentlich­en Dienstes vor, machte er den Beamten Mut. Den Personalab­bau im Landesdien­st hatte die LINKE kritisch gesehen. Schließlic­h wurde er von der rot-roten Koalition gestoppt.

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