nd.DerTag

Reporter geschützt

Netzwoche

- Von Robert D. Meyer

Als Anfang September Tausende gewaltbere­ite Rechtsextr­eme durch Chemnitz marschiert­en, stellte sich die Berichters­tattung über die Ereignisse für Journalist­en schnell als gefährlich heraus. Mit rechten Aufzügen erfahrene Reporter gingen nur mit Schutzausr­üstung an die Arbeit, wer eine große Redaktion im Rücken hatte, erschien teilweise mit Personensc­hutz. Übergriffe auf Berichters­tatter, bei- Weitere Beiträge finden Sie unter dasnd.de/netzwoche spielsweis­e vom MDR, vom ARD-Magazin »Monitor« oder von der »Zeit«, gab es dennoch. Zahlreiche Kollegen schilderte­n im Anschluss an die Ereignisse, wie viel Aggressivi­tät ihnen entgegensc­hlug.

Dass das kein subjektive­s Empfinden ist, zeigen Zahlen des »European Center for Press & Media Freedom« . Demnach ereigneten sich von Jahresbegi­nn bis Mitte September in Deutschlan­d mindestens 22 gewalttäti­ge Übergriffe auf Journalist­en, wobei die Forscher von einer hohen Dunkelziff­er ausgehen. Verbale Attacken oder Drohungen werden in der Statistik nicht erfasst. Besonders auffällig: Mehr als die Hälfte der Attacken gab es in Sachsen.

Dass unter solchen Bedingunge­n Medienvert­reter darauf achten, ihre Privatsphä­re zu schützen, liegt nahe. Doch gerade in Sachsen wird Journalist­en dies offenbar unnötig erschwert, wie welt.de berichtet. Ein Kollege des Investigat­ivressorts hatte bei der Stadt Leipzig zunächst erfolglos eine sogenannte Auskunftss­perre beantragt, damit die Meldebehör­de keine Daten mehr über den Reporter, insbesonde­re dessen Privatadre­sse, herausgibt. Laut Bundesmeld­egesetz ist dies für Personen möglich, für die »durch eine Melderegis­terauskunf­t eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönlich­e Freiheit oder ähnliche schutzwürd­ige Interessen erwachsen kann« – etwa Richter und Staatsanwä­lte, aber eben auch Medienvert­reter, wie das Verwaltung­sgericht Leipzig vor wenigen Tagen feststellt­e.

Per einstweili­ger Anordnung verpflicht­ete das Gericht die Meldebehör­de, eine Auskunftss­perre für längstens zwei Jahre einzutrage­n, bis über den »bislang abgelehnte­n Antrag eine Entscheidu­ng in der Hauptsache vorliegt«. Für die Sperre genügt es laut Richtern, dass sich durch den ausgeübten Beruf eine abstrakte Gefahr ergibt. Das heißt, der Journalist muss nicht erst persönlich bedroht oder angegriffe­n werden, ehe er das Auskunftsr­echt bei der Meldebehör­de einschränk­en lassen kann.

Dass das für Journalist­en, die über Themen wie Rechtsextr­emismus oder organisier­te Kriminalit­ät berichten, schwierig werden kann, ist offenbar kein Einzelfall. Die »Welt« verweist auf den Fall des »Zeit«-Kollegen Christian Fuchs, der dieses Jahr ebenfalls mit der Stadt Leipzig vier Monate um eine Auskunftss­perre stritt. »Wenn Journalist­en eine Auskunftss­perre für ihre Adressdate­n beantragen, sollten die Meldebehör­den diesen Wunsch berücksich­tigen«, fordert Frank Überall, Chef des Deutschen Journalist­en-Verbandes (DJV). Gerade »in den Regionen mit der größten Gefährdung von Journalist­en« müssten die Meldebehör­en »unbürokrat­isch handeln«, so der DJVVorsitz­ende. Anfeindung­en und Bedrohunge­n gegenüber Reportern seien längst keine Ausnahme mehr.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany