»Filetgrundstück« zum dritten Mal verkauft
Gelände der Traditionsbrauerei Holsten in Hamburg-Altona im Fokus der Investoren
Innerhalb von zwei Jahren wechselte das Gelände der Holsten-Brauerei dreimal den Eigentümer – jedes Mal mit kräftiger Wertsteigerung. Dabei soll hier ein Stadtteil mit Sozialwohnungen entstehen. Wo seit 1879 in Hamburg-Altona Bier gebraut wird, soll bald ein neuer Stadtteil entstehen. Derzeit wird das Gelände der Holstenbrauerei noch industriell genutzt. Hier werden unter anderem die Marken Holsten und das für viele Fans des FC St. Pauli so wichtige Kultbier Astra produziert. Doch nicht mehr lange. Holsten, das 2004 dem dänischen Carlsberg-Konzern einverleibt wurde, will im kommenden Jahr umziehen und wird demnächst in Hausbruch, südlich der Elbe, den Gerstensaft herstellen. Auf dem dann geräumten »Filetgrundstück« von 86 500 Quadratmetern soll ein neuer Stadtteil mit etwa 1500 Wohnungen für rund 3000 bis 3500 Menschen, einem Hotel, Büros sowie Gewerbe entstehen.
Doch obwohl dort immer noch produziert wird, wurde die Fläche bereits von einem Neueigentümer zum nächsten weitergereicht. Sie wurde dabei immer teurer. Im Jahr 2016 erwarb zunächst die in Düsseldorf ansässige Gerck Group das Grundstück vom Carlsberg-Konzern. Nach Information der Hamburger Obdachlosenzeitung »Hinz & Kunzt« angeblich zum Preis von 150 Millionen Euro. Lokale Interessenten wie die städtische Saga und die Baugenossenschaft Altoba konnten oder wollten bei solchen Summen nicht mithalten.
2017 kam es zum nächsten Deal: Die Schweizer SSN Group kaufte die Gerck Development, eine Tochterfirma der Gerck Group. Seitdem gehörte der SSN die Fläche. Doch nicht sehr lange. Kürzlich erwarb die Berliner Consus Real Estate AG die Mehrheit bei der SSN. Damit wurde die Consus auch Eigentümer des Holsten-Geländes. Mittlerweile soll das Areal »Hinz & Kunzt« zufolge einen Wert von 830 Millionen Euro haben – eine Steigerung um mehr als das Fünffache.
Man könne hier allerdings nicht von einem weiteren, nunmehr dritten Verkauf sprechen, korrigiert Bezirkssprecher Martin Roehl: »Bei dem angesprochenen Vorgang handelt es sich nicht um ein Grundstücksgeschäft, sondern um die Übernahme der Anteilsmehrheit an der SSN Group durch Consus.«
Aus Sicht von Linksfraktionschef Robert Jarowoy in der Altonaer Bezirksversammlung mache diese Form des Grundstückserwerbs durchaus Sinn, denn die Unternehmen würden dadurch Steuern sparen: »Das sind sogenannte Share Deals, bei denen die Grunderwerbssteuer entfällt. Laut ›Handelsblatt‹ sind den deutschen Bundesländern dadurch etwa eine Milliarde Euro Steuereinnahmen entgangen.« Der Trick: Bei Share Deals werden die Immobilien nicht direkt verkauft, sondern gleich die ganze Firma. Daher fällt auch keine Grunderwerbssteuer an.
Das nunmehr dritte Grundstücksgeschäft in Sachen Holsten-Areal sorgt für Unruhe in der Regionalpolitik. »Für das Gesamtprojekt ist das keine wirklich gute Botschaft«, hieß es im Planungsausschuss des Bezirks. Von einem »unerfreulichen Vorgang« war weiterhin die Rede. Die Kommunalpolitik verfolgt mit dem Bauvorhaben ehrgeizige Ziele. So soll unter anderem im Wohnungsbau der »Drittel-Mix« umgesetzt werden. Gemeint ist damit der Bau von einem Drittel öffentlich geförderter Wohnungen, einem Drittel frei finanzierter und einem Drittel in Eigentum.
Ob diese (gemäßigt) sozialen Ziele mit dem neuen Eigentümer zu erreichen sind, bleibt abzuwarten. Die Consus AG mit einem »Gesamtentwicklungsvolumen« von 9,6 Milliarden Euro verspricht auf ihrer Website ihren Anlegern auf jeden Fall ein »einzigartiges Geschäftsmodell« mit »frühem Cashflow« (Geldfluss) und ein minimiertes »Gesamtrisiko«.