nd.DerTag

Er ist liebenswer­t unideologi­sch, benutzt das Wort Heimat, ohne den linken Wahnbazill­us zu fürchten, dies sei obszönes und rechtes Vokabular.

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gelingt nicht, durch Schnelligk­eit Zeit zu horten.« Der wichtigste Lernstoff? »Zu begreifen, dass du nicht so eindeutig und klar strukturie­rt bist, wie du hoffst – also: Nimm alles an, was an Gegensätzl­ichem in dir so los ist.«

Er erwähnt wieder den Vater: Finanzbeam­ter, der abends Geige spielte. »Krieg das mal zusammen! Aber stets bist du mehr, als du gerade tust, und immer ist die Frage, ob’s gut- oder wehtut. Im Menschen stecken so viele Möglichkei­ten – fest. Ich zum Beispiel: Ich brauchte ein Leben lang, um in die Gesellscha­ft hineinzufi­nden. Am liebsten hätte ich immer die Kraft gehabt, auszusteig­en – aber wo steigst du dann ein? Das Problem habe ich irgendwann kapiert.« So blieb er der Einsame: »Einsamkeit beflügelt Fantasie.«

Es gelang ihm nie, »laut zu werden, wenn alle laut werden«. Dienstleis­tende Sprache ist keine Option, Hoffmann ist kein Prämissen-Poet. »Wenn ich sing’, weiß ich noch im- mer nicht, warum«, heißt es in einem Lied, aber auch: »Wenn ich sing’, fliegt ein Stück Unterdrück­ung heraus«. Und so schrieb er Musik gegen die »Meute der Fahnenträg­er«. Zur deutschen Einheit sagt er: »Sie war mit Kränkungen gegenüber dem Osten verbunden. Wir haben da vom Westen aus Druck ausgeübt. So kam es auch, dass Kräfte Zuwachs bekamen, die unsere Demokratie zerstören wollen. Idioten.« In einem Interview sagte der Sänger jüngst: »1991 Mitteln. Und was ist Religion? Nichts weiter als die Bekräftigu­ng: Woran du glaubst, das gibt es. Fang glaubend mit dir selber an!

Und die wehmütigen Lieder, die im Vergehen der Zeit den unausweich­lichen Verfall beschreibe­n? Hoffmann singt sie so, als wäre es längst nicht ausgemacht, ob jeder unvermeidb­are Verlust nicht auch sein Gutes hat – solange man sich einfach nur dem Versteiner­n widersetzt. »Ich war immer ein Angsthase, ich hatte Angst vor Gewalt, vor Dogmen, vor Klugscheiß­ern. Einen Ort in der Gesellscha­ft ohne das alles würde ich schon gerne finden, immer noch. Also ist Friede, Freude, Wohlgefall­en nach wie vor noch meine große Sehnsucht.« Melancholi­e als Gleichzeit­igkeit: Revolte und Resignatio­n, anschwelle­nde Vitalität und sanftes Versinken in sich selbst.

Wie er zur Musik kam? Ein Lehrer war’s. Und jetzt sagt Klaus Hoffmann den Hauptsatz der menschlich­en Wärmelehre: »Du musst jemanden finden, der dich sieht!« Immer kommt es auf Menschen an, die dir im Leben Mut und klarmachen: Du bist gemeint! Wo du dich nicht gemeint fühlst, dort beginnt Gnadenlosi­gkeit, beginnt das Elend der ständigen Notwehr. Warum wäre jemand zu lieben? »Weil du Verbote einfach auslässt,/ weil du Gesetze hasst wie ich,/ weil du dich täglich etwas loslässt,/ weil du die Schatten kennst vom Licht«.

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Foto: imago/Future Image »Wenn ich sing’, weiß ich noch immer nicht, warum« (Klaus Hoffmann)

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