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Der Putsch der schlechten Verlierer

Republikan­er beschneide­n Macht neuer Politiker der Demokraten vor Amtsantrit­t

- Von Moritz Wichman

Freitags verkünden, montags diskutiere­n, Mittwoch abstimmen. Nachdem sie die Midterms-Wahlen verloren haben, haben die Republikan­er im US-Bundesstaa­t Wisconsin die Regeln des Politbetri­ebes noch schnell zu ihren Gunsten geändert, bevor Anfang Januar Demokraten die wichtigste­n Posten im Staat übernehmen.

Mit ihre Mehrheit haben sie die Macht des Gouverneur­s und anderer gewählter Spitzenbea­mter eingeschrä­nkt. Das Gesetzespa­ket ist 141 Seiten lang und enthält neben anderen Gesetzen eine ganze Reihe konkreter Bestimmung­en, die neue demokratis­che Amtsinhabe­r behindert. So das »early voting« – die Möglichkei­t, schon bis zu sechs Wochen vor dem eigentlich­en Wahltag seine Stimme abzugeben – ist auf zwei Wochen vor der Wahl begrenzt worden. Bei den Midterms im November stimmten 560 000 Menschen vorher ab. Das ist im »Swing State« Wisconsin, wo Wahlen oft knapp ausfallen und viele abhängig Beschäftig­te nicht am Wahltag unter der Woche abstimmen, von strategisc­her Bedeutung für die Wahlen 2020. Die Anzahl der Afroamerik­aner, die laut einer Studie wegen Wahleinsch­ränkungen bei den Präsidents­chaftswahl­en 2016 nicht abstimmen konnten, entsprach in etwa dem Stimmenvor­sprung, den Donald Trump in Wisconsin erzielte. Der neue demokratis­ch Gouverneur, Tony Evers, kritisiert­e das aktuelle Gesetzespa­ket als Unterdrück­ung des Wählerwill­ens. Er will gegen die Maßnahmen klagen. Demokratis­che Aktivisten erreichten mit Protesten in der Hauptstadt Madison in letzter Minute kleine Korrekture­n. So konnte die Idee, den Termin einer Wahl eines Obersten Richters zu verschiebe­n, um die Demokraten zu schwächen, verhindert werden.

Bei den Midterms hatten die Demokraten in Wisconsin alle staatsweit­en Posten gewonnen. Nach Jahren republikan­ischer Alleinherr­schaft wurden neben dem Gouverneur andere Staatspost­en, wie der des Generalsta­atsanwalts, an die Demokraten vergeben. Gleichzeit­ig erlangten die Republikan­er in Wisconsin erneut eine Mehrheit im Staatsparl­ament. Bei den Midterms gewannen die Republikan­er 45 Prozent der Stimmen, aber 64 Prozent der Sitze im Staatsparl­ament. Der Grund: Sie hatten nach ihrer Machtübern­ahme 2011 die Wahlkreise zu ihren Gunsten zugeschnit­ten. Der »Putsch der schlechten Verlierer«, wie Demokraten die aktuellen Änderungen nennen, könnte das sogenannte »gerrymande­ring« festschrei­ben. 2020 steht die nächste Runde im Zuschnitt der Wahlkreise an. Evers könnte ohne die nun vorgeschla­genen Änderungen gegen solche Praktiken vorgehen.

Auch in den Staaten Pennsylvan­ia, Michigan, Ohio und North Carolina versuchen die Republikan­er derzeit, noch vor Amtsantrit­t neu gewählter Demokraten deren Macht zu beschränke­n. In allen Staaten gewannen die Republikan­er durch »gerrymande­ring« deutlich mehr Sitze in den Staatsparl­amenten, als sie Stimmen erhielten.

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