Kontrollen wegen der Hautfarbe?
Werden in Thüringen Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe von der Polizei kontrolliert? Gewerkschafter bestreiten das. Doch nicht nur mancher Polizist weiß auch Anderes zu berichten. Es ist eine der umstrittensten Polizeipraktiken überhaupt, das sogenannte Racial Profiling. Meint: Polizisten entscheiden vor allem aufgrund des Aussehens eines Menschen darüber, ob sie ihn kontrollieren oder nicht.
Nach einer Anhörung in der Enquete-Kommission des Thüringer Landtags zum Rassismus ist zwar klar, dass es solche und ähnliche Fälle wohl auch im Freistaat gibt. Doch wie häufig sie vorkommen, ist noch immer ziemlich unklar. Was auch daran liegt, dass mehrere Polizeigewerkschafter am Dienstag in Erfurt wiederholt bestritten haben, dass es derartiges rassistisches Verhalten von Thüringer Polizisten gibt. Während Vertreter von Opferverbänden auf zahlreiche konkrete Beispiele dafür verwiesen. Nicht nur, sagt zum Beispiel Franz Zobel, der für die Opferberatungsorganisation ezra arbeitet, dass in den Beratungen von ezra Menschen immer wieder davon berichten, sie seien allein aufgrund ihres Äußeren von der Polizei kontrolliert worden. Auch er selbst habe während einer von ezra angebotenen Weiterbildung einmal ganz unmittelbar einen Vorfall erlebt, der eindeutig rassistisch gewesen sei.
Nach einer Anhörung im Landtag ist zwar klar, dass es Kontrollen wegen des Äußeren im Freistaat gibt. Doch wie häufig sie vorkommen, ist ziemlich unklar.
Nach Angaben von Zobel berichtete eine Thüringer Polizistin damals in den Diensträumen der Polizei, im Beisein von etwa 15 bis 20 ihrer Kollegen, sie gebe schwarzen Menschen nicht mehr die Hand. Bei einem vorangegangenen Einsatz habe sie die Überzeugung gewonnen, Menschen mit dunkler Hautfarbe seien schmutzig. Die Reaktion ihrer Kollegen, nach Angaben von Zobel: Die Mehrzahl von ihnen habe laut geklatscht. Weshalb er die Weiterbildung sofort abgebrochen habe. Es sei also völlig realitätsfremd, davon auszugehen, dass es in der Thüringer Polizei keine rassistisches Verhalten gebe, sagt Zobel.
Ganz anders die Perspektive der Polizeigewerkschafter, die unmittelbar vor Zobel ihre Einschätzung dazu kundtaten, ob es Racial Profiling und Ähnliches bei der Thüringer Polizei gibt. Solche Vorfälle seien ihnen nicht bekannt, es gebe im Freistaat keine Personenkontrollen aufgrund des Aussehens von Betroffenen, sagten unter anderem der Thüringer Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Kai Christ, sowie Landesvorsitzende des Bundes der Deutschen Kriminalbeamten, Mike Hellwig. Sie kritisierten stattdessen, Rot-Rot-Grün stelle Thüringer Polizisten unter den Generalverdacht des Rassismus, wenn die Koalitionsfraktionen behaupteten, es gebe entsprechende Polizeikontrollen im Land.
Allerdings: Neben Zobel widerspricht auch der Thüringer Polizist Martin Thüne, der an der Polizeischule in Meiningen forscht, der Einschätzung der Gewerkschafter. Selbstverständlich müsse man aufpassen, die Polizei nicht unter Generalverdacht zu stellen, sagt er. Aber man dürfe die Augen auch nicht vor realen Problemen verschließen. Auch er kenne Fälle von polizeilichem Fehlverhalten, die rassistisch motiviert gewesen seien.