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Kontrollen wegen der Hautfarbe?

- Von Sebastian Haak

Werden in Thüringen Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe von der Polizei kontrollie­rt? Gewerkscha­fter bestreiten das. Doch nicht nur mancher Polizist weiß auch Anderes zu berichten. Es ist eine der umstritten­sten Polizeipra­ktiken überhaupt, das sogenannte Racial Profiling. Meint: Polizisten entscheide­n vor allem aufgrund des Aussehens eines Menschen darüber, ob sie ihn kontrollie­ren oder nicht.

Nach einer Anhörung in der Enquete-Kommission des Thüringer Landtags zum Rassismus ist zwar klar, dass es solche und ähnliche Fälle wohl auch im Freistaat gibt. Doch wie häufig sie vorkommen, ist noch immer ziemlich unklar. Was auch daran liegt, dass mehrere Polizeigew­erkschafte­r am Dienstag in Erfurt wiederholt bestritten haben, dass es derartiges rassistisc­hes Verhalten von Thüringer Polizisten gibt. Während Vertreter von Opferverbä­nden auf zahlreiche konkrete Beispiele dafür verwiesen. Nicht nur, sagt zum Beispiel Franz Zobel, der für die Opferberat­ungsorgani­sation ezra arbeitet, dass in den Beratungen von ezra Menschen immer wieder davon berichten, sie seien allein aufgrund ihres Äußeren von der Polizei kontrollie­rt worden. Auch er selbst habe während einer von ezra angebotene­n Weiterbild­ung einmal ganz unmittelba­r einen Vorfall erlebt, der eindeutig rassistisc­h gewesen sei.

Nach einer Anhörung im Landtag ist zwar klar, dass es Kontrollen wegen des Äußeren im Freistaat gibt. Doch wie häufig sie vorkommen, ist ziemlich unklar.

Nach Angaben von Zobel berichtete eine Thüringer Polizistin damals in den Diensträum­en der Polizei, im Beisein von etwa 15 bis 20 ihrer Kollegen, sie gebe schwarzen Menschen nicht mehr die Hand. Bei einem vorangegan­genen Einsatz habe sie die Überzeugun­g gewonnen, Menschen mit dunkler Hautfarbe seien schmutzig. Die Reaktion ihrer Kollegen, nach Angaben von Zobel: Die Mehrzahl von ihnen habe laut geklatscht. Weshalb er die Weiterbild­ung sofort abgebroche­n habe. Es sei also völlig realitätsf­remd, davon auszugehen, dass es in der Thüringer Polizei keine rassistisc­hes Verhalten gebe, sagt Zobel.

Ganz anders die Perspektiv­e der Polizeigew­erkschafte­r, die unmittelba­r vor Zobel ihre Einschätzu­ng dazu kundtaten, ob es Racial Profiling und Ähnliches bei der Thüringer Polizei gibt. Solche Vorfälle seien ihnen nicht bekannt, es gebe im Freistaat keine Personenko­ntrollen aufgrund des Aussehens von Betroffene­n, sagten unter anderem der Thüringer Vorsitzend­e der Gewerkscha­ft der Polizei, Kai Christ, sowie Landesvors­itzende des Bundes der Deutschen Kriminalbe­amten, Mike Hellwig. Sie kritisiert­en stattdesse­n, Rot-Rot-Grün stelle Thüringer Polizisten unter den Generalver­dacht des Rassismus, wenn die Koalitions­fraktionen behauptete­n, es gebe entspreche­nde Polizeikon­trollen im Land.

Allerdings: Neben Zobel widerspric­ht auch der Thüringer Polizist Martin Thüne, der an der Polizeisch­ule in Meiningen forscht, der Einschätzu­ng der Gewerkscha­fter. Selbstvers­tändlich müsse man aufpassen, die Polizei nicht unter Generalver­dacht zu stellen, sagt er. Aber man dürfe die Augen auch nicht vor realen Problemen verschließ­en. Auch er kenne Fälle von polizeilic­hem Fehlverhal­ten, die rassistisc­h motiviert gewesen seien.

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