Schwere Schlappe für Theresa May
Nach mehreren Abstimmungsniederlagen am Dienstag im Unterhaus veröffentlichte die britische Regierung am Mittwoch ein Rechtsgutachten zum Brexit. Der Start der fünftägigen BrexitDebatte im britischen Unterhaus, an deren Ende am kommenden Dienstag über das mit der EU ausgehandelte Abkommen abgestimmt werden soll, lief denkbar schlecht für Premierministerin Theresa May: Gleich drei Abstimmungsniederlagen musste sie einstecken.
Mays Schlappen betrafen Verfahrensfragen, aber wichtige. Die Regierung hatte sich gegen den Willen der Unterhausmehrheit geweigert, alle Informationen ihres Juristenteams preiszugeben; stattdessen hatte Justizminister Geoffrey Cox nur eine kurze Zusammenfassung angeboten. Seine Unbeugsamkeit misslang: ein Entlastungsantrag für ihn wurde abgelehnt, der Gegenantrag von Labours Keir Starmer angenommen. Starmer bezeichnete die »Missachtung des Parlaments« als beispiellos. Die Regierung musste nachgeben – und veröffentlichte am Mittwoch den vollen Text.
Dessen Absatz 26 verdeutlicht, dass der »backstop« – der Versuch, die Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland auf
Für einen »Plan B«, wie möglicherweise weise eine zweite Volksabstimmung, ist nun die Bahn frei.
Dauer ohne Kontrollen offen zu halten – langfristig einen Keil zwischen Nordirland innerhalb der EU-Zollunion und Großbritannien im Abseits treiben würde. Sowohl Mays nordirische Bündnispartner, die Democratic Unionists, als auch Mays BrexitFanatiker sehen das als rotes Tuch, nicht geeignet, sie nächsten Dienstag hinter May zu scharen.
Am wichtigsten war der dritte Antrag, diesmal vom Konservativen Dominic Grieve. Sofern Mays mit der EU abgestimmter BrexitPlan am Widerstand der Oppositionsparteien und ihren Fraktionskritikern scheitert, wollte die Regierung auf einen harten »No Deal-Brexit« drängen. Grieve wehrte sich: Das Parlament, nicht die Regierung, sei dann souverän. Mit einer klaren Mehrheit von 22 Stimmen setzte sich Grieve durch. Für einen harten Brexit gibt es damit vorerst keine Unterhausmehrheit. Für einen »Plan B«, wie möglicherweise weise eine zweite Volksabstimmung, ist nun die Bahn frei.
May ließ sich jedoch zum Auftakt der Hauptdebatte nicht beirren. Kompromisse wie der ihre mit der EU seien der einzig mögliche Weg. Ihre Widersacher, ob Brexit-Fanatiker oder -Kritiker, müssten sich der Wirklichkeit beugen. Die Entscheidung könne nicht hinausgezögert werden, beschwor May. Oppositionsführer Jeremy Corbyn antwortete, Mays Plan sei zu vage, ihre geplante Übergangsperiode eine »Brücke zum Nirgendwo«. Einen »blinden Brexit« müssten die Abgeordneten ablehnen.
Die Anhänger einer erneuten Volksabstimmung freuten sich derweil über eine Nachricht vom Europäischen Gerichtshof. Der Austrittsartikel 50 des Vertrages über Europäische Einheit kann nach Meinung des Generalanwalts Campos Sanchez-Bordona von Großbritannien einseitig pausiert werden, was für ein zweites Referendum Zeit bieten könnte. Noch haben die Anhänger der neuen Abstimmung keine parlamentarische Mehrheit, aber mangels Alternative könnten sie sie bald gewinnen.