Gesunde Böden machen gutes Klima
Thünen-Studie untersucht bundesweit Humusgehalt in landwirtschaftlichen Flächen
Die Bundesregierung hat erstmals einen umfassenden Bericht über den Zustand des Bodens in Deutschland erstellen lassen. Wichtig ist das auch für Maßnahmen gegen den Klimawandel. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) gab sich am Mittwoch in Berlin locker und freute sich, am Weltbodentag »eine Inventur der organischen Kohlenstoffvorräte in landwirtschaftlich genutzten Böden« hierzulande vorstellen zu können. Hintergrund der vom Thünen-Institut erstellten »Bodenzustandserhebung Landwirtschaft« ist die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen. In der hat sich Deutschland verpflichtet, regelmäßig über Treibhausgase und die Vorräte an Kohlenstoff in Böden und Biomasse zu berichten.
Ein aktueller und einheitlicher Datensatz, der den Kohlenstoffgehalt der Böden für das gesamte Bundesgebiet misst, fehlte allerdings bislang. Sechs Jahre lang haben die Wissenschaftler des Thünen-Instituts mehr als 120 000 Bodenproben im gesamten Land eingesammelt und ausgewertet. Gemessen wurden Sauerstoffversorgung, Humusbildung und organische Kohlenstoffvorräte.
Laut Klöckner gibt es damit nun einen Datenbestand, mit dem zukünftig Boden und Humusgehalt bewertet werden können. Da Humus zu 58 Prozent aus Kohlenstoff besteht, ist der Gehalt auch in Bezug auf den Klimawandel relevant. »Das Ergebnis ist sehr eindrucksvoll, denn es belegt, dass insgesamt über zwei Milliarden Tonnen Kohlenstoff in den landwirtschaftlichen Böden Deutschlands gespeichert sind.« Weltweit sei im Boden viermal mehr Kohlendioxid gespeichert als in der oberirdischen Vegetation und zweimal mehr Kohlendioxid als in der Luft. Die Böden seien damit nach den Ozeanen weltweit der zweitgrößte Kohlenstoffspeicher der Erde.
Welche landwirtschaftliche Bodennutzung eher schädlich ist, darauf wollte Klöckner nicht eingehen. Sie verwies auf ihren Plan, bis 2019 eine Ackerbaustrategie vorzulegen. Klar sagt auch die Agrarministerin: »Da wird es Zielkonflikte geben.«
Ein solcher Zielkonflikt ist die landwirtschaftliche Nutzung von Moorböden. Damit sie genutzt werden können, müssen sie entwässert werden. Das allerdings führt zur Freisetzung von Kohlendioxid und Lachgas – beides klimarelevante Gase. Zusätzlich werden Moorböden gedüngt und zum Teil mit Sand vermischt, um die Bodeneigenschaften zu verbessern. Vor allem der Anbau von nährstoffhungrigen Kulturpflanzen wie Mais und die intensive Weidewirtschaft heizen dem Klima ordentlich ein. Denn Stickstoffdünger verursacht ebenfalls Lachgas und CO2Emissionen. Laut Thünen-Institut sind die Emissionen landwirtschaftlich genutzter Moorstandorte unverhältnismäßig hoch im Vergleich zur restlichen Landwirtschaft. Sie verursachen demnach rund 37 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen in der gesamten Landwirschaft. Um das CO2 im Boden zu belassen, müsste sowohl auf Dünger verzichtet werden wie auch der Wasserstand angehoben werden. Landwirtschaftlich ist das Land dann nicht mehr intensiv zu bewirtschaften.
Während die Bundesregierung sich mit Bewertungen zum Zustand der Böden zurückhielt, kritisierte der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) deren weltweite Verschlechterung. Der Agrarexperte des BUND in Mecklenburg-Vorpommern, Burkhard Roloff, sagte am Dienstag in Schwerin: »Täglich und oft unbemerkt findet weltweit die Bodenverschlechterung statt in Form von Versiegelung, Wind- und Wassererosion, Verdichtung und Verschlämmung.« Zunehmend verschlechtere sich der Boden jedoch auch durch den Verlust an organischer Substanz und die Verringerung der biologischen Vielfalt in und auf den Böden. Roloff berief sich auf eine Studie der UN-Landwirtschaftsorganisation FAO. Demnach ist die Qualität von einem Drittel der weltweit nutzbaren Böden schlecht. Jedes Jahr verliere die Menschheit etwa zehn Millionen Hektar fruchtbaren Boden. Der BUND forderte des- halb eine Abkehr von der industriellen Pflanzenproduktion hin zu einer bodenschonenden, humusmehrenden Landbewirtschaftung mit vielfältigen Fruchtfolgen.
Auch Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament konstatierte, »Unsere Böden in Europa sind nicht fit für den Klimawandel.« Das EU-Forschungsprojekt Soil-Service, an dem elf europäische Universitäts- und Forschungsinstitute beteiligt waren, habe schon in seinem Bericht von 2012 eindeutig festgestellt, dass eine intensive Landwirtschaft zu einem Verlust der biologischen Vielfalt im Boden führe.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) sieht das Problem der Bodenverschlechterung in erster Linie im anhaltenden Flächenverbrauch. Der führe zum Verlust von Flächen für die Lebensmittelerzeugung, aber auch als Lebensraum für Tiere und Pflanzen. »Boden ist eine endliche Ressource und muss vor der Inanspruchnahme durch Siedlungen und Verkehr geschützt werden«, erklärt DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken.