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Erste Hilfe durch Schüler

SPD und LINKE wollen die Wiederbele­bung bei Herzstills­tand zum Schulstoff machen

- Von Andreas Fritsche

Bürger, die bei einem Mitmensche­n einen Herzstills­tand beobachten, warten viel zu häufig untätig auf das Eintreffen der Rettungskr­äfte. Bei plötzliche­m Herzstills­tand zählt jeder Sekunde. Die einzige Hoffnung ist eine blitzschne­lle Wiederbele­bung. Mit jeder Minute, die verstreich­t, sinkt die Überlebens­wahrschein­lichkeit um zehn Prozent. Bereits nach fünf Minuten besteht kaum noch eine Chance. So fix sind Ärzte und Sanitäter jedoch selten zur Stelle. Es kommt also alles auf die Ersthelfer an. Sie müssen sofort mit der Herzdruckm­assage beginnen, wenn sie einen Zusammenbr­uch beobachten. Doch in Deutschlan­d wählen zwei Drittel der medizinisc­hen Laien im Ernstfall einfach nur den Notruf und warten ab, bis der Rettungswa­gen eintrifft. Der Grund dafür sind nicht fehlende Hilfsberei­tschaft, sondern mangelnde Kenntnisse und die panische Angst, etwas falsch zu machen.

Damit sich die Ersthelfer­quote verbessert, wollen SPD und LINKE in Brandenbur­g beim Biologieun­terricht ansetzen. Hier oder auch in anderen Fächern soll vermittelt werden, was bei einem Herzstills­tand zu tun ist. Das Land Brandenbur­g hat bereits damit begonnen, Wiederbele­bungstrain­ings an den Schulen einzuführe­n. So gibt es das gemeinsam mit der Unfallkass­e organisier­te Projekt »Jeder kann ein Held sein«, und es werden außerdem Jungen und Mädchen zu Schulsanit­ätern ausgebilde­t.

Nun soll sich der Landtag dafür ausspreche­n, dass Kindern und Jugendlich­en die »erforderli­chen Kenntnisse und Fertigkeit­en« für eine Reanimatio­n vermittelt werden. Ab der 7. Klasse sollen Unterricht­sstunden dafür genutzt werden. Bei künftigen Anpassunge­n der Rahmenlehr­pläne solle dies berücksich­tigt werden, heißt es in einem gemeinsame­n Antrag von SPD- und Linksfrakt­ion. Zusätzlich sollen Erste-Hilfe-Kurse angeboten werden.

SPD-Fraktionsc­hef Mike Bischoff erhofft sich davon, dass dann künftig die Schüler beispielsw­eise ihren Eltern oder ihren Großeltern das Leben retten können und dass allgemein mehr Menschen in der Lage sind, im Notfall schnell und richtig zu handeln.

Als die Abgeordnet­e Kathrin Dannenberg den Antrag in der Linksfrakt­ion vorstellte, fragte sie auch in die Runde, wann die Kollegen denn ihren letzten Erste-Hilfe-Kurs absolviert haben. Bei den meisten ist das lange her. Denn wie allgemein üblich war das in der Regel im Zusammenha­ng mit der Führersche­inprüfung, liegt also oft schon Jahrzehnte zurück. Na wenn es so sei, dann solle man vielleicht einmal überlegen, gemeinsam einen Termin zu machen, regte Dannenberg an. Sie selbst in Lehrerin – und Pädagogen müssen im Dienst ihre Erste-Hilfe-Kenntnisse alle zwei Jahre auffrische­n.

Der Antrag steht auf der Tagesordnu­ng der Landtagssi­tzung in der kommenden Woche. Im Hinterkopf ist dabei der Fall des SPD-Fraktionsv­orsitzende­n Klaus Ness. Der war eines Abends im Dezember 2015 bei einem Empfang im Parlaments­gebäude zusammenge­brochen. Weil die Abgeordnet­en Ursula Nonnemache­r (Grüne) und Michael Schierack (CDU) zur Stelle waren – beide sind von Beruf Arzt – konnte Ness noch wiederbele­bt werden. Er starb dann aber doch noch in der Nacht im Alter von 53 Jahren. Bei der Debatte über den Antrag habe er daran denken müssen, erzählte Amtsnachfo­lger Mike Bischoff jetzt.

Ursula Nonnemache­r kann dem Vorstoß der Koalitions­fraktionen einiges abgewinnen. Sie finde es richtig, wenn Erste Hilfe geschult wird, sagte sie. Auch CDU-Fraktionsc­hef Ingo Senftleben zeigte sich offen für den Vorschlag.

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Foto: dpa/Patrick Pleul Eine Schülerin der Friedensgr­undschule in Frankfurt (Oder) übt die Wiederbele­bung im Rahmen des Projektes »Jeder kann ein Held sein«.

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