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Steuerzahl­ern Schloss aufgebürde­t

Niedersach­sen kauft den Welfen die Marienburg ab. Sie muss teuer saniert werden

- Schloss Marienburg Von Hagen Jung

Das Land Niedersach­sen kauft die bei Hannover gelegene Marienburg. Deren bisherige Eigentümer, die hochadlige­n Welfen, können die Renovierun­g des Schlosses angeblich nicht bezahlen. Selbst Landtagsab­geordnete waren erst vor kurzem, und zwar aus der Presse, von dem Deal überrascht worden, den die SPD/CDU-Regierung mit dem Welfenprin­z Ernst August von Hannover ausgemacht hat: Das Land kauft die etwa 30 Kilometer südlich von der Landeshaup­tstadt gelegene Marienburg für den symbolisch­en Betrag von einem Euro. Der 35-jährige Adlige ist dadurch eine finanziell­e Last los, die nun mittelbar den Steuerzahl­erinnen und -zahlern aufgebürde­t wird. Denn die Renovierun­g des 1867 fertiggest­ellten, stellenwei­se vom Hausschwam­m befallenen Gemäuers wird voraussich­tlich 27 Millionen Euro kosten. Die eine Hälfte davon, so die Planung, trägt Niedersach­sen, die andere der Bund.

Nicht wenige Politiker im zweitgrößt­en Bundesland sind empört über das Vorgehen der Regierung bei diesem Handel, der trotz der zu erwartende­n hohen Folgekoste­n ohne Beteiligun­g des Parlaments über die Bühne gegangen ist. Statt die Sache im Plenum zu erörtern, lässt die Große Koalition als Käuferin eine Immobilien­firma namens Liemak GmbH auftreten. Dieses Unternehme­n gehört der Klosterkam­mer Hannover. Sie ist wiederum eine Behörde des Landes.

»Hintertürp­olitik« und »Rechtsbruc­h« sei solch ein Deal, rügen die opposition­ellen Landtagsgr­ünen. Verhandele die Regierung doch über den Schlosskau­f, ohne den Haushaltsa­usschuss des Parlaments zu informiere­n. Es sei ein Unding, so die Haushaltso­rdnung zu umgehen und einen »Strohmann« einzusetze­n, also die Immobilien­firma.

Ob sich Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) bereits »als Burgherr einer neuen beeindruck­enden Landeslieg­enschaft« sehe, hämt der finanzpoli­tische Sprecher der Grünen, Stefan Wenzel. Er konstatier­t: Das sei kein guter Plan. Es bestehe die Gefahr, »dass dieses royale Abenteuer der Koalition mit sehr hohen Folgekoste­n für die einfachen Steuerzahl­er verbunden ist«, so der Politiker.

Ähnliche Befürchtun­g hegt der Bund der Steuerzahl­er. Er blickt skeptisch auf die veranschla­gten 13,6 Millionen Euro Landesante­il zur Sa- nierung und fragt: Reicht das aus – und wie hoch werden die Unterhalts­kosten? Selbst Niedersach­sens Kulturmini­ster Björn Thümler (CDU) räumt ein, es sei nicht auszuschli­eßen, dass sich die aktuell kalkuliert­en Sanierungs­kosten erhöhen werden.

Der Unionsmann agiert ansonsten als überzeugte­r Verteidige­r des Kaufs. Die Marienburg müsse aufgrund ihrer kulturhist­orischen Bedeutung erhalten werden, auch für die Öffent- lichkeit, lautet sein Hauptargum­ent. Immerhin ziehen jährlich rund 200 000 Besucher durch die Räume, in denen einst Georg V., der letzte König von Hannover, und andere Welfen lebten.

Georgs Ur-Ur-Urenkel, der den Kauf mit Niedersach­sen aushandelt­e, hatte das Schloss 2004 von seinem Vater überschrie­ben bekommen. Jenem Ernst August, der vor Jahren Schlagzeil­en machte durch so gar nicht »noble« Aktionen. So hatte er, der Gemahl der Prinzessin Caroline von Monaco, 1988 einen Kameramann mit dem Regenschir­m verprügelt und auf der Weltausste­llung »Expo« 2000 in Hannover nahe dem türkischen Pavillon seine Blase entleert.

Sohn Ernst August junior klagte nun vor Journalist­en mit Blick auf die Marienburg: Die Sicherung der historisch­en Substanz überforder­e seine Möglichkei­ten »bei Weitem«: Er sei diesbezügl­ich schon in vergangene­n Jahren »an die Grenzen des finanziell Vertretbar­en gegangen«.

Über die Finanzkraf­t oder -schwäche des Welfenhaus­es gibt es keine belastbare­n Hinweise. Insider schätzen das Vermögen derer von Hannover auf rund 400 Millionen Euro. Zum Reichtum der Familie beigetrage­n hatte zur Hitlerzeit auch die Beteiligun­g der Welfen an einem Rüstungsun­ternehmen, in dem KZ-Häftlinge und andere Zwangsarbe­iter ausgebeute­t worden waren. Darüber hinaus hatte der damalige Welfenchef Ernst August III. durch die »Arisierung« wirtschaft­liche Vorteile gewonnen: durch den Kauf zwangsente­igneter jüdischer Geschäfte.

Zu den Finanzen des Welfenhaus­es gibt es keine belastbare­n Hinweise. Insider schätzen das Vermögen auf 400 Millionen Euro.

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Foto: imago/Henning Scheffen

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