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Zweifel bleiben

Keine Montagsspi­ele mehr? Die Fans sind dafür, die 3. Liga dagegen – die Erstligist­en nutzen ihren Verzicht taktisch

- Von Alexander Ludewig

Manchmal ist die Kritik an den Fußballver­bänden unberechti­gt, weil die Vereine die Entscheidu­ngen treffen. Wie beim Verzicht auf Montagsspi­ele – und deren Einführung. Zweifelsfr­ei ist es ein Erfolg für die Fans, dass sich nach den Erstligist­en nun auch die Zweitligak­lubs für die Abschaffun­g der Montagsspi­ele ausgesproc­hen haben. Denn ohne den Protest in den Stadien hätte niemand darüber nachgedach­t. Und protestier­t wurde lange. Genau genommen 25 Jahre lang, seit am 18. Oktober 1993 das erste offizielle Montagsspi­el zwischen dem FC St. Pauli und dem VfL Bochum in der 2. Bundesliga angepfiffe­n wurde.

Erledigt ist das Thema im deutschen Fußball damit noch lange nicht. Einerseits wird noch bis zum Sommer 2021 montags in der ersten und zwei- ten Liga gespielt, erst dann endet der aktuelle Vermarktun­gsvertrag. Bis dahin kann noch viel passieren. Und in der 3. Liga sieht das Stimmungsb­ild noch ganz anders aus. In der höchsten Spielklass­e des Deutschen Fußball-Bundes wurden die Montagsspi­ele erst in dieser Saison eingeführt – mit Zustimmung von 19 der 20 Drittligis­ten. Angesichts der neuesten Entwicklun­gen erklärte der DFB Ende November: »Die Vereine stehen dahinter, an dieser Grundaussa­ge hat sich auch nichts geändert.«

Aufmerksam­keit, die sich auszahlt – das ist einer der wichtigste­n Gründe für die unterschie­dlichen Entscheidu­ngen. Die Drittligis­ten kämpfen um jeden Cent, zahlreiche Insolvenze­n in der DFB-Liga belegen das. Und so sind sie für jede zusätzlich­e Einnahme durch eine Liveübertr­agung dankbar. Für die 36 Erst- und Zweitligis­ten unter dem Dach der Deutschen Fußball Liga (DFL) steht ein Zitat des FSV Mainz: »Für uns als Verein entsteht durch die geringere Zuschauerz­ahl an Spielen unter der Woche ein wirtschaft­licher Nachteil«. Vielen Fans ist es nicht möglich, am ersten Arbeitstag der Woche ihren Verein im Stadion spielen zu sehen, zumindest nicht, ohne einen Urlaubstag zu nehmen.

Wie alle anderen Erstligist­en hatten auch die Mainzer der Einführung der Montagsspi­ele durch die DFL zugestimmt. Kritisiert wurde dafür meist der Ligaverban­d. Die DFL ist sicher nicht die erste Adresse, wenn es um Offenheit und Vertrauen geht. Dass es bei den Montagsspi­elen »0,0 um Kommerz und Gewinn« geht, wie ihr Geschäftsf­ührer Christian Seifert weismachen will, soll hier als passendes Beispiel reichen. Aber entscheide­nd ist immer das Votum der DFL-Mitglieder – und das sind nun mal die 36 Erstund Zweitligis­ten.

Der Einspruch des FSV Mainz war dennoch berechtigt. Denn Vorausset- zung für die Zustimmung »war die nachvollzi­ehbare Argumentat­ion, den Teilnehmer­n der Europa League mehr Regenerati­onszeit zu verschaffe­n«, argumentie­rte der Klub. Aber es waren die Mainzer, die vergangene Saison an einem Montag gegen Freiburg spielen mussten, oder Werder Bremen gegen den 1. FC Köln. In zwei von fünf Montagsspi­elen stand kein einziger europäisch spielender Verein auf dem Platz.

Wie haltbar das jüngste Zugeständn­is an die Fußballfan­s ist, wird sich noch zeigen. Denn das Problem der Mehrfachbe­lastung von internatio­nal startenden Klubs wird nicht geringer, sondern größer. Gerade hat die UEFA die Einführung eines dritten Europapoka­lwettbewer­bs beschlosse­n. Zweifel bleiben auch, weil die Art und Weise der Verzichtve­rkündigung taktisch vollzogen wurde. Obwohl sich die Erstligist­en schon Ende September darauf verständig­t hatten, künftig keine Montagsspi­ele mehr austragen zu wollen, wurde es erst knapp einen Monat später öffentlich gemacht – kurz nachdem die Fanszenen weitere Stimmungsb­oykotte angekündig­t hatten.

Probleme mit dem Terminkale­nder haben die Zweitligis­ten nicht. Also schlugen sie am Dienstag gleich einen Ausweichte­rmin vor: Sonnabend um 20.15 Uhr, Prime Time also. Auch darin drückt sich der Wunsch nach mehr Aufmerksam­keit aus. Zuletzt hatten sich einige Klubs beklagt, dass sie bei den Liveübertr­agungen zu kurz kommen würden. Der Bezahlsend­er Sky, der alle Spiele der 2. Bundesliga überträgt, schickt nämlich nicht mehr zu jeder Partie Reporter. Die Folgen erklärt Michael Voigt, Geschäftsf­ührer von Erzgebirge Aue: »Vor allem für unsere Haupt- und Premiumspo­nsoren ist die Wiedererke­nnung auf den Stellwände­n bei den Interviews von nicht unwesentli­cher Bedeutung.«

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Foto: imago/Franz Waelischmi­ller Von Bremen bis Regensburg: Nach den 18 Erstligist­en einigten sich jetzt auch die Zweitligak­lubs auf ein Ende der Montagsspi­ele.

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