nd.DerTag

Zur Geschichte des Holocaust in Osteuropa

- Von Felix Jaitner

»Umdeuten, verschweig­en, erinnern«, so lautet der vielsagend­e Buchtitel der Historiker Micha Brumlik und Karol Sauerland zum Holocaust in Mittel- und Osteuropa. Die Mehrheit der sechs Millionen Juden, die im Holocaust ermordet wurden, stammt aus Osteuropa – und nicht aus Deutschlan­d, wie oft fälschlich­erweise vermutet wird.

Während des Staatssozi­alismus in Osteuropa galt der Holocaust vor allem als ein Verbrechen der Deutschen. Über Kollaborat­ion und Verbrechen der eigenen Bevölkerun­g wurde dagegen überwiegen­d geschwiege­n. Offen antisemiti­sche Kampagnen gab es sowohl 1952/53 in der Sowjetunio­n (Ärzteversc­hwörung) als auch in den späten 1960er Jahren in Polen.

Der Umgang mit dem Holocaust änderte sich erst mit dem Ende des Ost-West-Konfliktes und der Öffnung bis dahin weitgehend unzugängli­cher Archive. Damit, argumentie­ren die Autoren, ließ sich nicht länger leugnen, dass die Massenvern­ichtung der Juden ein wesentlich­er Bestandtei­l nicht nur der deutschen Geschichte, sondern auch der vieler anderer europäisch­er Staaten ist. Ein wichtiger Schritt zur Aufarbeitu­ng des Holocaust in Rumänien war die Internatio­nale Kommission zur Erforschun­g des Holocaust unter der Leitung von Friedensno­belpreistr­äger Elie Wiesel, die vom damaligen rumänische­n Staatspräs­identen Ion Iliescu im Oktober 2003 initiiert wurde. Der Bericht der Kommission bestätigte die vorsätzlic­he Beteiligun­g der Rumäniens am Holocaust während des Zweiten Weltkriege­s und die Ermordung von 280 000 bis 300 000 Juden Juden und über 11 000 Roma.

Die systematis­che Aufarbeitu­ng der Verfolgung der Sinti und Roma ist bis heute unzureiche­nd. Dabei kamen während des Zweiten Weltkriege­s mehrere Hunderttau­send Menschen zu Tode. Mit dem Romanes-Wort »Porajmos«, zu deutsch »das Verschling­en«, erinnern Sinti und Roma an ihre spezifisch­e Verfolgung­sgeschicht­e.

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