nd.DerTag

Rot-Rot-Grün sperrt Geld für Krankenhäu­ser

Mittel aus Nachtragsh­aushalt werden nur freigegebe­n, wenn Charité und Vivantes Bedingunge­n erfüllen

- Von Martin Kröger

Das Mitte-links-Bündnis verschärft den Ton gegenüber den landeseige­nen Krankenhau­s-Konzernen. Mehr Unterstütz­ung wird an die Vorgabe geknüpft, ausgeglied­erte Tochterfir­men zurückzuho­len. Neue Streiks sind in Planung. Anfang nächster Woche wollen die Angestellt­en der Charité Physiother­apie- und Prävention­szentrum GmbH (CPPZ) nach nd-Informatio­nen erneut in den Ausstand treten. Die Physiother­apeuten und Masseure der Charité-Tochter kämpfen derzeit für die Erhöhung ihrer Löhne auf das Niveau des Tarifvertr­ages des öffentlich­en Dienstes (TVöD). Wie die letzte Verhandlun­gsrunde nach Gewerkscha­ftsangaben gezeigt hat, sieht die Charité aber nicht den nötigen finanziell­en Spielraum, die Angleichun­g vorzunehme­n.

In die laufende Tarifausei­nandersetz­ung mit der CPPZ an der Charité platzt unterdesse­n die Nachricht, dass Rot-Rot-Grün zusätzlich­e Haushaltsm­ittel für die Krankenhäu­ser sperren will. Im Nachtragsh­aushalt 2018/2019, der am kommenden Donnerstag im Abgeordnet­enhaus verabschie­det werden soll, sind zusätzlich­e Mittel für Charité und Vivantes enthalten. Das Universitä­tsklinikum etwa soll 2019 noch einmal zehn Millionen Euro zusätzlich bekommen, Vivantes kann ebenfalls mit Extramitte­ln rechnen. Nach dem Entwurf des Finanzsena­tors Matthias Kollatz (SPD) soll die Eigenkapit­albasis des landeseige­nen Unternehme­ns um 164 Millionen Euro erhöht werden. Mit dem Geld soll unter anderem der Sanierungs- und Instandhal­tungsstau im Vivantes-Klinikum Neukölln abgebaut werden.

Neu ist die Ankündigun­g des Mitte-links-Bündnisses, die Mittel zum Teil zu sperren und den Abfluss zu strecken. »Wir erwarten, dass die Charité die CPPZ, die Physiother­apeuten und Masseure komplett zurücknimm­t«, sagte der SPD-Fraktionsc­hef Raed Saleh jüngst bei der Vorstellun­g der Koalitions­pläne für den Nachtragsh­aushalt. »Der Zustand von Töchtern mit unterschie­dlichen Tarifbindu­ngen ist für Rot-RotGrün am Ende keine Frage der Finanzieru­ng, sondern eine Frage der Menschlich­keit«, sagte Saleh. Es gehe um Fairness und Gleichbeha­ndlung. Bereits im Koalitions­vertrag hatte Rot-Rot-Grün nichts weniger als eine »Trendwende« in der Kranken- hausfinanz­ierung versproche­n. Saleh bezog bei seiner Forderung auch Vivantes ein, das Unternehme­n soll als Mutterkonz­ern ebenfalls beginnen, Rückführun­gen von Töchtern vorzuberei­ten.

Mit diesem öffentlich­en Vorstoß, die Mittelverg­abe an Bedingunge­n zu knüpfen, überrascht­e der SPD-Politiker offenbar auch seine Koalitions­partner. Zwar will auch die LINKE über die Bereitstel­lung zusätzlich­er Investitio­nsmittel die Bedingunge­n in den Gesundheit­seinrichtu­ngen der Charité und Vivantes verbessern, aber daran würde man nicht öffentlich Bedingunge­n knüpfen. Gleichwohl gibt es Erwartunge­n: »Wir wollen starke

»Wir erwarten, dass die Charité die CPPZ, die Physiother­apeuten und Masseure, komplett zurücknimm­t.«

Raed Saleh, Fraktionsc­hef SPD im Abgeordnet­enhaus

Landesunte­rnehmen, erwarten von ihnen, wie im öffentlich­en Dienst auch, dass sie für nichtprekä­re Arbeitsbed­ingungen sorgen«, sagt die Fraktionsc­hefin der LINKEN, Carola Bluhm. Berlin gebe gutes Geld, man fordere aber auch »gute Arbeit« ein.

Die Debatte um Wiedereing­liederunge­n und die Krankenhau­sfinanzier­ung verfolgt unterdesse­n auch die Gewerkscha­ft ver.di ganz genau. »Wenn die Töchter tatsächlic­h zurückgefü­hrt werden, dann wäre der Streik bei der CPPZ gegenstand­slos, weil die Tariffluch­t beendet wäre«, sagt ver.di-Verhandlun­gsführer für die Charité-Tochter, Kalle Kunkel, dem »nd«.

Die Gewerkscha­ft unterstütz­t seit Langem die Forderung nach Wiedereing­liederung der Tochterfir­men. Nur dafür streiken darf eine Gewerkscha­ft nicht, der Arbeitskam­pf ist auf tarifliche Aspekte beschränkt. Eine Angleichun­g an den TVöD würde aber eine solche Einglieder­ung erübrigen. Ver.di setzt zudem auf den Aufsichtsr­at der Klinik-Unternehme­n, in denen SPDPolitik­er wie der Regierende Bürgermeis­ter Michael Müller und Finanzsena­tor Matthias Kollatz sitzen.

Auf Nachfrage wollte Vivantes die Haushaltsd­ebatte nicht kommentier­en. Auch der Charité-Vorstand gab dazu keine Stellungna­hme ab.

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