Keine Angst vorm bösen Wolf
Informationszentrum im Wildpark Schorfheide soll helfen, Vorurteile abzubauen
Zwei Jahre lang wurde an dem Projekt gebaut und gewerkelt. Nun ist das Wolfsinformationszentrum im Wildpark Schorfheide eröffnet worden. Wölfe eines Rudels heulen in unterschiedlichen Tonlagen. So können sie sich untereinander erkennen und auf Distanzen von sechs bis zehn Kilometern miteinander verständigen. Meistens heulen die Wölfe in der Dämmerung, stimmen sich damit auf die nächtliche Jagd ein. Wie sich das anhört, ist jetzt aus Lautsprechern im extra abgedunkelten Zugang zu einer Dauerausstellung im Wildpark Schorfheide zu erleben.
Die Ausstellung ist das Kernstück des neuen Wolfsinformationszentrums. Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) hat es am Donnerstagmorgen eröffnet, indem er das rote Band durchschnitt, das die rollstuhlgerechte Rampe zum Dachgeschoss noch absperrte. Das Haus am Eingang des Wildparks mit Kasse, Gastronomie und Toiletten im Erdgeschoss steht bereits seit 20 Jahren. Ins Dachgeschoss sollte ursprünglich die Verwaltung einziehen. Doch dazu ist es nie gekommen.
Bereits vor sieben Jahren gab es erste Überlegungen, den freien Raum zu einem Wolfsinformationszentrum auszubauen. Nun ist dies nach langer Planungsphase gelungen. Mit zwei Jahren Bauzeit und rund einer Million Euro aus EU-Mitteln ist das Projekt im vorgesehenen Zeit- und Kostenrahmen geblieben.
Eine Schulklasse wurde schon testweise durch die neue Ausstellung geführt und war sehr beeindruckt davon. Angesichts des Wolfsgeheuls waren die Kinder sofort mucksmäuschenstill, erzählt Wildparkleiterin Imke Heyter am Donnerstag. Zu sehen sind links an einer schön gestalteten Videoleinwand Trickfilmsequenzen, die zum Beispiel eine Szene aus dem Märchen »Rotkäppchen und der Wolf« zeigen, und rechts an der Wand Objekte wie ein Wolfsfell zum Anfassen und hinter Glas das Skelett des im Jahr 2000 in Brandenburg eingefangenen Wolfs »Naum«. Auf dem Boden sind die Spuren eines Wolfs und eines Hundes abgebildet, in der Mitte des Raums steht ein Tisch mit einer Karte, die Auskunft über die Verbreitung der Tierart im Bundesland gibt.
Der renommierte Ausstellungsgestalter Ulrich Schwarz hat alles so konzipiert, dass Besucher bereits in 15 Minuten durch sein können. Denn sie wollen und sollen ja hinaus zum Wolfsgehege. Dort leben fünf Exemplare, und nördlich davon streift inzwischen auch wieder ein Rudel durch die freie Wildbahn. Auf das Naturerlebnis soll die Ausstellung lediglich einstimmen.
150 Jahre lang war der Wolf in Brandenburg ausgerottet. Nun ist er wieder da. Aus Polen zunächst in die Lausitz eingewandert, breitete er sich im Bundesland aus. Noch gilt für ihn ein strenger Artenschutz. Doch die Liste der bedrohten Arten wird nicht fortlaufend aktualisiert. Würde sie jetzt schon an die Population angepasst, so würde der Wolf sicherlich aus der bislang höchsten Schutzkategorie etwas zurückgestuft werden, heißt es. Bei einer schnellen Bestandentwicklung, bei der die Zahl der Rudel in Brandenburg zuletzt innerhalb eines Jahres von 26 auf 37 Rudel steigen konnte, geht Agrarminister Vogelsänger davon aus, dass die Art hier nicht mehr bedroht sei.
»Ich bin eine Freundin der Wölfe«, bekennt Wildparkchefin Heyter. Sie geht auch bedenkenlos in das Wolfsgehege. »Es ist noch alles dran«, scherzt die couragierte Frau mit Blick auf ihre körperliche Unversehrtheit und lacht ansteckend.
Der Wolf hat aber auch Feinde, die sich vor ihm fürchten und ihn am liebsten totschießen würden, darunter Schäfer, Ziegenhirten und Rinderzüchter, in deren Viehherden er einbricht. Das Informationszentrum soll auch für Seminare genutzt werden. Ein spezieller Herdenschutzzaun soll noch gebaut werden, damit er gezeigt werden kann. »Wir werden diejenigen, die den Wolf hassen, sicherlich nicht umstimmen können«, bedauert Heyter. Aber das Zentrum soll doch ein Ort werden, an dem Kompromisse im Umgang mit dem Wolf gefunden werden können.
Die Absicht, dass Wolfsinformationszentrum zugleich als Herdenschutzzentrum zu betreiben, begrüßt Landesbauernpräsident Henrik Wendorf, meldet aber leise Zweifel an. Der Begriff »Herdenschutz« in der offiziellen Bezeichnung könnte vielleicht nur ein Feigenblatt gewesen sein, um die Finanzierung mit Mitteln aus dem EU-Agrarfonds zu rechtfertigen, mutmaßt Wendorf.
Agrarminister Vogelsänger erhofft sich von dem Informationszentrum zwar, dass es helfen werde, »ein Stück weit« die »Emotionen« aus der Diskussion herauszubekommen. Er macht sich da allerdings keine großen Illusionen. »Es wird immer Menschen geben, die Angst vor dem Wolf haben«, denkt er.
Mindestens großen Respekt vor den Tieren hatte Ausstellungsgestalter Schwarz, bevor er ihnen im Wildpark leibhaftig begegnete. Jetzt findet er, dass es schöne Geschöpfe sind. Er hatte sich Wölfe immer größer vorgestellt. Nun träumt er, dass Besucher des Wildparks ihre Vorurteile genauso ablegen wie er selbst.
Die fünf Exemplare im Gehege sind tatsächlich nicht furcheinflößend. Sie interessieren sich nicht die Bohne für die Menschen, die ihnen fasziniert zusehen. Ein Wolf liegt in einer Mulde dicht an den Zaun gekuschelt, seine Artgenossen streifen umher. Nur als ein großer Hund an der Leine vorbeigeführt wird, fletscht ein Wolf kurz drohend die Zähne.
Wildpark Schorfheide, Prenzlauer Straße 16, etwas außerhalb von Groß Schönebeck, geöffnet 9 bis 18 Uhr, letzter Einlass 16 Uhr, Eintritt: 8 Euro, ermäßigt 5,50 Euro