Großbaustelle im Wärmesektor
Die Gebäudesanierung kommt seit Jahren nicht voran – wenn, dann müssen Mieter zahlen
Der Immobilienkonzern Vonovia will die energetische Gebäudesanierung stark reduzieren. Damit passt er sich der weitgehenden Untätigkeit der Bundesregierung an. Es gibt zwei große Stellschrauben beim Klimaschutz im Energiebereich: Die eine ist der Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Rohstoffe, die andere ist die Effizienzsteigerung – also die Minderung des Energieaufwands zur Erreichung eines festgelegten Nutzens. Das gelingt etwa durch sparsame Elektrogeräte aber auch durch Einsparungen beim Heizen, denn im Wohnbereich geht mehr als die Hälfte des Energieverbrauchs für warme Räume im Winter drauf. Bedenkt man zudem, dass das Kühlen wegen den zunehmend warmen Sommern auch in Deutschland immer wichtiger wird, wird die große Bedeutung der energetischen Gebäudesanierung durch Dämmung oder sparsamere Heizungen deutlich. Die Bundesregierung hat im »Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz« festgeschrieben, dass der Primärenergieverbrauch bis 2020 um 20 Prozent und bis 2050 um 50 Prozent gesenkt wird. Der Heizenergieverbrauch soll bis 2050 sogar um 80 Prozent gesenkt sowie ein »nahezu klimaneutraler Gebäudebestand erreicht« werden, wie es das Umweltministerium ausdrückt. Ziel sei die Erhöhung der Sanierungsrate auf zwei Prozent pro Jahr.
Die Realität ist eine andere: Gerade einmal 0,8 Prozent der 18 Millionen Wohngebäude in Deutschland werden derzeit pro Jahr saniert. Von einem »Offenbarungseid« spricht daher die Deutsche Umwelthilfe.
Dabei sind es vor allem Neubauten, die auf mehr Energieeffizienz ausgerichtet werden. Häuslebauer greifen gerne zu bei den Angeboten der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die im Auftrag des Staates für energetische Sanierungen entweder Zuschüsse oder zinsverbilligte Darlehen inklusive Tilgungszuschuss anbietet. Die KfW fördert dies schon seit 1978 – nach den Ölkrisen wollte die Regierung den Verbrauch der damals dominierenden Ölheizungen reduzieren, um die Abhängigkeit von der OPEC zu senken.
Bis heute gibt es nur die Förderung über die KfW – obwohl diese ganz offensichtlich nicht ausreicht, um die Gebäudesanierung entsprechend den Klimazielen voranzutreiben. Seit Jahren steht daher die Forderung nach steuerlicher Förderung im Raum; hierbei sind sich sogar Wirtschaft und Gewerkschaften ausnahmsweise mal einig. Doch es sperren sich die Länder, die Einnahmeverluste befürchten. Ein beschlussfähiger Kompromiss, zur Gegenfinanzierung die steuerliche Abzugsfähigkeit von Handwerkerrechnungen zu reduzieren, scheiterte 2015 an der CSU und dem damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer. Obwohl die amtierende Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag die Steuerförderung festgeschrieben hat, sucht man sie im Haushalt 2019 vergebens. »Ein konkreter Zeitplan steht noch nicht fest«, lautete die letzte Auskunft aus dem Finanzministerium vom November. Es müssten erst noch die Gespräche mit den Ländervertretern »fortgesetzt und vertieft« werden.
Da sich der Staat kaum an den Kosten beteiligt, zahlen die Mieter. Über die Modernisierungsumlage dürfen Eigentümer die Jahresmiete um bis zu elf Prozent (ab 2019: acht Prozent) der Aufwendungen erhöhen. Dies ist nicht nur nach Ansicht des Mieterbundes viel zu hoch, der eine Absenkung auf vier Prozent und eine Kappungsgrenze von 1,50 Euro pro Quadratmeter fordert. Auch dürften viele Kosten wie der Austausch einer 30 Jahre alten Heizungsanlage nicht mehr der Modernisierung zugerechnet werden.
Letztlich ist die Energieeffizienz steckengeblieben. Laut Zahlen der Deutschen Energieagentur sinkt der Endenergieverbrauch in Gebäuden für Raumwärme und Warmwasser seit Jahren nicht mehr. Zuletzt lag er auf dem Stand von 2010. Dabei haben laut Schätzungen 70 Prozent der Gebäude einen energetischen Sanierungsbedarf. »Die Regierung Merkel hinterlässt im Wärmesektor eine Großbaustelle.« sagte die GrünenPolitikerin Julia Verlinden schon in der vergangenen Legislaturperiode. Daran hat sich nichts geändert.