Neue Chance für Mumia Abu-Jamal
Johanna Fernández, Sprecherin des Anwaltsteams, über einen juristischen Durchbruch nach 20 Jahren
Worum geht es in dem aktuellen Gerichtsverfahren im Fall des afroamerikanischen Journalisten Mumia Abu-Jamal?
In den vergangenen zwei Jahren wurde vor dem Philadelphia Court of Common Please (erstinstanzliches Gericht für Zivil- und Strafsachen) diskutiert, ob einer der Richter des Supreme Courts (Obersten Gerichtshofs), Ronald Castille, einen Interessenkonflikt hatte, als er über Mumias Antrag auf Berufung entschied. Zwischen 1996 und 2012 stellte Mumia vier entsprechende Anträge, drei wurden komplett abgelehnt, einer wurde geprüft und abgelehnt. Zuvor war Ronald Castille als Staatsanwalt in Philadelphia in Mumias Verfahren involviert, später, als Richter, wies er die Berufungsanträge zurück, die sich auf jenes Verfahren bezogen, an dem er als Staatsanwalt mitgewirkt hatte.
Vor zwei Jahren reichte Mumia den Antrag ein, seinen Fall erneut zu prüfen. Anlass dafür war eine wegweisende Entscheidung des Supreme Courts, in der festgestellt wurde, dass ein Richter, konkret Ronald Castille in dem Präzedenzfall Williams versus Pennsylvania, nicht urteilen darf, wenn er zuvor während der Strafverfolgung »maßgeblich an einer kritischen Entscheidung beteiligt gewesen« sei. Williams wurde das Recht auf eine erneute Anhörung zugesprochen.
Nun gab der Richter in dem Verfahren seine Entscheidung bekannt. Wie lautet die?
Richter Leon Tucker entschied im Sinne Mumias. Er sprach ihm das Recht zu, vor einem unparteiischen Gericht alle Anträge auf Berufung zu stellen, die er zwischen 1996 und 2012 beim Obersten Gerichtshof gestellt hatte und die unter Mitwirkung von Ronald Castille abgelehnt worden waren. Er argumentierte, es sei die Pflicht Ronald Castilles gewesen, sich für befangen zu erklären und sich aus dem Fall zurückzuziehen.
Tucker schrieb, wenn das Justizwesen ernst genommen werden wolle, müsse es »komplett ohne jegli- chen Hinweis auf Parteilichkeit, Mangel an Integrität und Unschicklichkeit« sein.
Ronald Castille wurde mit Unterstützung und Geldern der Fraternal Order of Police, einer Art Polizeibruderschaft, zum Richter des Obersten Gerichtshofs und wurde von dieser Organisation auch zum »Mann des Jahres« ernannt. Dieselbe Organisation, die von Anfang an öffentlichkeitswirksam Mumias Hinrichtung forderte. Außerdem prahlte Castille auf einer Law-and-Order-Plattform mit all den Leuten, die er in den Todestrakt geschickt hatte. Als Staatsanwalt schickte er einen Brief an den damaligen Gouverneur Pennsylvanias Bob Casey und bat ihn, »die dramatische Nachricht an die Polizisten zu senden, dass die Todesstrafe etwas bedeutet«. Ein Todesurteil muss vor der Vollstreckung vom Gouverneur unterzeichnet werden. Zu dem Zeit-
ist Geschichtsprofessorin an der City University in New York. Sie unterstützt den Journalisten Mumia Abu-Jamal, der für den Mord an dem Polizeibeamten Daniel Faulkner 1981 verhaftet und im Juli 1982 zum Tod verurteilt worden war – eine Tat, die er immer bestritten hat. Fernández ist Sprecherin seines Anwaltsteams. Mit ihr sprach punkt befanden sich zwei Menschen im Todestrakt, weil sie eines Polizistenmordes beschuldigt wurden, einer davon Mumia. In Anbetracht dessen, dass Mumias Fall einer der bekanntesten in der Nation und in der Welt ist, muss sich Castille darauf bezogen haben. Das wertete auch Richter Tucker so. Laut Mumia ist der republikanische Tucker der erste Richter in dem ganzen nun Jahrzehnte währenden Rechtsstreit, der nicht von der FOP unterstützt und finanziert wird.
Die Staatsanwaltschaft Philadelphia, konkret Bezirksstaatsanwalt Larry Krasner, hat nun 30 Tage Zeit, Berufung einzulegen.
torisch rassistisch motivierten Fehlverhalten seiner Behörde in einer Stadt mit fast 50 Prozent schwarzer Bevölkerung aufzuräumen.
Was passiert, wenn Krasner die Entscheidung des Richters tatsächlich anficht?
Dann wird erneut ein jahrelanger Rechtsstreit folgen, erneut ein langer und steiniger Weg für Mumia.
Larry Krasner muss sich jetzt entscheiden, auf welcher Seite er steht. Jetzt kann er beweisen, ob er es ernst meinte, als er versprochen hat, das Unrecht seiner Vorgänger zu korrigieren und Gerechtigkeit walten zu lassen. Er wurde vor einem Jahr mit großer Mehrheit für sein Versprechen ins Amt gewählt, mit dem no-
Die Petition unterschreiben. Der Richter benutzte Mumias internationale Berühmtheit, um seine Argumente zu untermauern. Er schrieb, Mumia sei »der am stärksten polarisierende kriminelle Fall in der Geschichte von Philadelphia, der Nation und vielleicht weltweit«. Also nutzen wir diese Popularität.
Was können Menschen in Deutschland tun, um Mumia zu unterstützen?