Mahnwache für getötete Fußgängerin
Organisationen fordern, Berlins Straßen auch für die schwächsten Verkehrsteilnehmer sicherer zu machen
Es ist schon wieder passiert: Ein Autofahrer überfuhr eine Fußgängerin, die an den Folgen des Unfalls starb. Am Ort des Geschehens erinnerten mehrere Initiativen daran, wie häufig diese Todesursache ist.
Weil viel zu oft Fußgänger*innen von Autos überfahren werden und an den Folgen sterben, haben mehrere Vereine am Donnerstagnachmittag eine Mahnwache veranstaltet. Changing Cities, der Verkehrsclub Deutschland Landesverband Nordost (VCD Nordost) und der Fachverband Fußverkehr (FUSS) gedachten einer 29-jährigen Touristin, die am 31. Dezember ihren Verletzungen durch einen Autounfall erlegen war.
Bei der Kundgebung im Stadtteil Gesundbrunnen brachten die Vereine eine weiße Figur an der Kreuzung von Osloer Straße und Prinzenallee an. Dort war am 29. Dezember nachts ein Autofahrer in eine fünfköpfige Gruppe junger Menschen gefahren, die auf dem Bürgersteig an der Kreuzung stand. Laut Zeugen hatte der 30jährige Fahrer eine rote Ampel missachtet, sein Wagen war von der Fahrbahn abgekommen, bevor er in die Gruppe fuhr. Die 29-Jährige Touristin aus Brasilien wurde lebensgefährlich verletzt und starb zwei Tage später, die anderen vier Personen erlitten schwere Verletzungen.
Mit der Mahnwache will die Initiative Changing Cities, die auch den »Volksentscheid Fahrrad« für eine fahrradfreundlichere Stadt auf die Beine stellte, auf die Einhaltung des Berliner Mobilitätsgesetzes drängen. In diesem ist als Ziel festgehalten, dass sich »keine Verkehrsunfälle mit schweren Personenschäden ereignen«. Ragnhild Sørensen, Sprecherin von Changing Cities, sagte dem »nd«: »Das sinnlose Sterben auf der Straße muss aufhören.« Roland Stimpel von FUSS will mit der Mahnwache errei- chen, »dass man nicht zur Tagesordnung übergeht«, sondern sieht, dass diese Verkehrsunfälle alle etwas angehen.
Am gleichen Tag wie die junge Frau starb ein 80-jähriger Mann aus Rudow, der Anfang Dezember beim Überqueren der Straße angefahren worden war. Somit starben 2018 laut Changing Cities 21 Fußgänger*innen bei Autounfällen sowie elf Fahrradfahrer*innen. Laut Polizeistatistik waren es 19 Fußgänger*innen und elf Radfahrer*innen. Die Zählungen unterscheiden sich, weil die Organisationen im Gegensatz zur Polizeistatistik als Verkehrsopfer auch Fußgänger mitzählen, die gerade auf dem Weg von oder zu ihrem Wagen waren.
Insgesamt gab es im Jahr 2018 somit 45 Todesopfer im Berliner Straßenverkehr. Auch neun Motorradoder Rollerfahrer*innen, drei Autofahrer*innen sowie drei Lkw- oder Busfahrer*innen waren laut Polizeistatistik darunter. Damit hat sich die Anzahl der Unfallopfer in den letzten elf Jahren nicht verringert – sie lag seit 2007 zwischen 36 und 56.
FUSS, Changing Cities und der VCD Nordost fordern daher das Tempolimit 30 auf allen Berliner Straßen. Dadurch würden Unfälle weit seltener tödlich enden. Laut einer Studie des österreichischen Verkehrsministeriums, auf die sich die Initiativen beziehen, liegt die Wahrscheinlichkeit für Fußgänger*innen, bei einem Zusammenstoß mit einem Auto zu sterben, das 30 Stundenkilometer fährt, bei acht Prozent, bei Tempo 50 hingegen bei 39 Prozent.
Changing Cities spricht sich außerdem für getrennte Ampelschaltungen an Kreuzungen und einen verpflichtenden elektronischen Abbiegeassistenten für Lkw aus. Mittlerweile halten die drei Vereine für jede durch einen Autounfall getötete Person, die zu Fuß oder auf dem Fahrrad unterwegs war, eine Mahnwache ab.